StiftungTürkei-Bulletin 9/14

Türkei in politisch brisanter Lage

Istanbul
20.05.2014

Grubenunglück und Unruhe zu Hause, heikle Auseinandersetzungen mit den internationalen Partnern – die politische und gesellschaftliche Stimmung in der Türkei ist angespannt. Im Türkei-Bulletin erfasst und analysiert die Stiftung für die Freiheit die wichtigsten Ereignisse der türkischen Innen- und Außenpolitik der vergangenen zwei Wochen. Es geht unter anderem um Gesetzgebung, Extremismus, die Lage der Bürgerrechte, anstehende Wahlen und den Umgang mit Flüchtlingen und Minderheiten.

Die anstehenden Präsidentschaftswahlen im August beherrschten in letzter Zeit die politische Diskussion im Land, berichtet Hans-Georg Fleck, Projektleiter im Istanbuler Büro der Stiftung. Das Regime um Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan steht aktuell in der Kritik. Nach einem schweren Grubenunglück im westtürkischen Soma habe Erdoğan zu wenig Einfühlungsvermögen für die Verstorbenen und ihre Angehörigen an den Tag gelegt, so Fleck.

Lage der Freiheitsrechte belastet Beziehungen zum Westen

Aber auch wegen der angeschlagenen Lage der Bürgerrechte im Land erntet Erdoğan Empörung. In ihrem letzten Bericht zur Pressefreiheit hat die amerikanische NGO "Freedom House" die Türkei von "teilweise frei" auf "nicht frei" herabgestuft. Erdoğan will die Beschwerden des Westen über die Lage der Freiheitsrechte nicht gelten lassen: Er zeigte wenig Verständnis für die Ausführungen der Bundesregierung zu Demokratie und Rechtsstaat in der Türkei.

Schwierige Entwicklungen für Kurden, Syrer

Die Situation der ethnischen Minderheiten und Flüchtlinge in der Türkei bereitet der Stiftung ebenfalls Sorgen. Der Friedensprozess mit der kurdischen Minderheit stehe auf der Kippe, so Flecks Analyse. Die Kritik an der Weigerung der Regierung, die Aussöhnung auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen, verschärfe sich.

Außerdem werde der Bürgerkrieg im Nachbarland Syrien für die Türkei zunehmend als soziale Belastung wahrgenommen. Die ungefähr eine Millionen Flüchtlinge machen der heimischen Bevölkerung auf dem Arbeitsmarkt Konkurrenz oder treten als Bettler auf. Am 8. Mai kochte in Ankara der Volkszorn über: Ein Mob ging auf xenophobe Gerüchte ein und griff zwei Häuser mit syrischen Bewohnern an. Es kam zu mehreren Verletzten.

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