09.04.2015FDPAsylpolitik

STRACK-ZIMMERMANN-Gastbeitrag: Die Menschen wollen den Flüchtlingen helfen, doch unsere Regierung versagt

Berlin. Die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende DR. MARIE-AGNES STRACK-ZIMMERMANN schrieb für „Focus Online“ den folgenden Gastbeitrag: 

Die Hilfsbereitschaft und Spendenfreude gegenüber den Flüchtlingen ist riesengroß. Allerdings nur die private Hilfe. Während die Bürger in ihren Gemeinden anpacken, talken sich Spitzenpolitiker der Großen Koalition durch die Medien und überbieten sich gegenseitig in Gefühlsanalysen zur Lage der Flüchtlinge. Danach scheinen sie zu erschöpft, um im Bundestag das von Gemeinden und Kreisen dringend benötigte Geld für Flüchtlingsunterkünfte bereitzustellen. Selten war eine Kluft so groß.

Gemeinsam ist nur der Wunsch, den Flüchtlingen zu helfen – in der Praxis trennen sich die Wege schnell. Während sich die privaten Geldbörsen öffnen, hält Schäuble die staatliche Schatulle zu. Das wirkt angesichts der vielen emotionalen Erklärungen der Großen Koalition zur Lage der Flüchtlinge dann doch bigott. Dabei funken die Gemeinden seit Wochen SOS. Die Freien Demokraten fordern Bundesregierung und Bundestag deshalb auf, es den Bürgern auch bei materieller Hilfe endlich gleichzutun und einen Sofortwohnhilfe-Fonds in Milliardenhöhe aufzulegen.

Die Flüchtlingsströme aus den Krisengebieten dieser Welt nach Europa und nach Deutschland reißen nicht ab. Jeden Tag kommen Tausende bei uns an, die ihr Heimatland wegen Krieg oder politischer Verfolgung verlassen mussten. 2014 waren es über 200.000 Menschen und in diesem Jahr könnten es mehr als 300.000 werden. In solchen Zeiten ist es eine unserer Aufgaben, diese Menschen als Menschen aufzunehmen und ihnen eine würdige Unterkunft zu bieten.

Die Unterbringung übernehmen die Kommunen. Doch viele von ihnen stoßen bei der Erfüllung dieser Aufgabe bereits jetzt an ihre Kapazitätsgrenzen. Das gilt sowohl für den zur Verfügung stehenden Wohnraum als auch ihre finanziellen Möglichkeiten. Die Stadt Düsseldorf beispielsweise rechnet alleine für die Unterbringung mit Kosten von 30 Millionen Euro bis zum Ende des Jahres.

Zudem bereiten die fehlenden Unterbringungsmöglichkeiten den Verantwortlichen größte Sorgen. Vielerorts wird auf Hotels oder alte Schulgebäude ausgewichen. Die sind entweder teuer oder wie etliche öffentliche Gebäude in keinem guten Zustand. Viele Städte wollen daher Wohnmodule aufstellen lassen, um die steigende Zahl an Flüchtlingen zu bewältigen – und bezahlen sie zunächst aus dem eigenen Haushalt. Danach müssen sie darauf warten, dass ihnen die dafür zuständigen Länder die Gelder für die Unterkünfte erstatten – ein unhaltbarer Zustand!

Was die Kommunen in Deutschland jetzt brauchen, ist eine direkte finanzielle Unterstützung vom Bund. Diese Sofortwohnhilfe würde den Druck von den Kommunen nehmen und ermöglichen, dass eine Gemeinde bei akutem Bedarf direkt und unbürokratisch Geld vom Bund bekommt, um neue Unterkünfte für Flüchtlinge bereitstellen zu können. Daher sollte der Bund einen Fonds schaffen, aus dem die Gemeinden direkt und ohne Umwege über die Länder Gelder abrufen können. Angesichts der angespannten Haushaltslage in vielen Städten kann es nicht sein, dass sie das Geld für die Unterbringung von Flüchtlingen selbst vorstrecken oder die Kosten gleich ganz selbst tragen müssen.

Die meisten Bürger sind mittlerweile sehr aufgeschlossen gegenüber Flüchtlingen. Sie helfen, wo sie können. Das ist nicht selbstverständlich. Denn es gibt auch immer noch einige, die in ihrem beschaulichen Viertel lieber unter sich bleiben wollen oder Flüchtlingen mit Angst und Sorge begegnen. Es ist die Aufgabe der Politiker aller Ebenen, gegen Vorurteile und Ressentiments vorzugehen und für mehr Akzeptanz zu werben. Diese Akzeptanz steigt, wenn wir den Flüchtlingen eine ordentliche Herberge bieten können.

Der Handlungsdruck ist gerade jetzt besonders hoch, da die Flüchtlingszahlen weiter steigen. Allein in Düsseldorf wird sich die Zahl der Flüchtlinge bis zum Ende des Jahres fast verdoppelt haben: von 2600 auf 5000. Die regulären Flüchtlingsheime reichen schon lange nicht mehr aus und auch die Alternativen werden langsam knapp. Die Bundesregierung muss jetzt schnell handeln.

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