22.10.2016FDPInnen

LINDNER-Interview: Es muss ein europäisches FBI geben

Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende CHRISTIAN LINDNER gab der „Nordwest-Zeitung“ (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte ANDREAS HERHOLZ:

Frage: Was spricht gegen die neue gesetzliche Regelung?

LINDNER: Das BND-Gesetz ist ganz offensichtlich verfassungswidrig. Während der Beratungen im Bundestag haben bereits Gutachter und Verfassungsrechtler gemahnt, dass die gesetzlichen Regelungen für eine Reform des Bundesnachrichtendienstes gegen das Grundgesetz verstoßen. Dennoch hält die Große Koalition daran fest. Das ist arrogant und abgehoben. Die Ausweitung der Überwachungsmöglichkeiten ist ein erheblicher Eingriff in die Grundrechte. Die FDP wird eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe prüfen, um Rechtsklarheit zu bekommen.

Frage: Es herrschte Einigkeit darüber, dass es grundlegende Reformen geben muss.

LINDNER: Unsere Sicherheitsarchitektur muss besser werden. Aber die jetzigen Änderungen sind falsch. Wir bräuchten stattdessen mehr Kooperation, eine bessere Vernetzung der Sicherheitsbehörden und Geheimdienste in Europa. Es muss ein gemeinsames europäisches FBI und ein europäisches Terror- und Abwehrzentrum geben. Die Große Koalition macht jetzt aber etwas ganz anderes. Der BND darf nach dem neuen Gesetz tun, was er will, ohne dass es eine klare parlamentarische Kontrolle gibt. Es besteht die Gefahr eines Staates im Staate. Natürlich braucht ein Staat Nachrichtendienste. Die müssen aber an die Verfassung gebunden sein und unter parlamentarischer Kontrolle stehen. Genau das ist nicht mehr gewährleistet.

Frage: Aber es wird Kontrollinstanzen geben. Reicht das nicht aus?

LINDNER: Das Bundeskabinett bestimmt selbst, durch wen es kontrolliert wird. Das überzeugt mich nicht. Wir brauchen einen unabhängigen Geheimdienstbeauftragten des Bundestages mit unabhängigem Sachverstand und Mitarbeiterstab ähnlich wie der Wehrbeauftragte. Die Bürger müssen sicher sein, dass alles, was der Dienst tut, im deutschen Sicherheitsinteresse steht, aber auch verfassungsgemäß ist. Bis heute gibt es noch immer keine klare Übersicht über die Verstöße des Bundesnachrichtendienstes in der NSA-Affäre. Gerade erst hat die Datenschutzbeauftragte festgestellt, dass der BND im Zuge des Abhörskandals auch die Rechtsposition von Deutschen verletzt hat. Obwohl dies noch nicht richtig aufgearbeitet ist, setzt sich die Große Koalition darüber hinweg und macht mit der BND-Reform alles nur noch schlimmer.

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