LAMBSDORFF-Interview: Kein Eurozonen-Budget mit FDP
Das FDP-Präsidiumsmitglied und Vizepräsident des Europäischen Parlaments Alexander Graf Lambsdorff gab der „Passauer Neuen Presse“ (Mittwoch-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Tobias Schmidt:
Frage: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron macht Druck auf Berlin, fordert ein Eurobudget und tiefgreifende Reformen der Währungsunion. Wird es Zugeständnisse der künftigen Bundesregierung an Paris geben müssen?
Alexander Graf Lambsdorff: Die künftige Bundesregierung muss mit Macron konstruktive Gespräche über seine Vorschläge führen. Dafür ist die FDP sehr offen. Ein Eurozonen-Budget aber wäre eine Art Länderfinanzausgleich auf europäischer Ebene und das wird es mit der FDP nicht geben.
Frage: Frankreich will vor allem Investitionshilfe. Was spricht dagegen, dass sich die Länder zu Reformen verpflichten?
Lambsdorff: Wir haben den Euro-Rettungsfonds ESM und den Juncker-Investitionsfonds der EU. Mit beiden Instrumenten kann Ländern geholfen werden. Wir können darüber reden, den ESM und den Juncker-Fonds zu stärken. Aber es darf nicht auf einen permanenten Geldtransfer der nördlichen Euro-Länder in die südlichen Länder hinauslaufen. Dadurch würden Anreize in diesen Ländern für solide Haushaltspolitik verschwinden, ein völlig falscher Weg für Europa!
Frage: Braucht es ein Euro-Parlament, oder sollten alle EU-Länder in den Euro aufgenommen werden, so dass keine Parallelstrukturen notwendig wären?
Lambsdorff: Für den Euro-Beitritt gelten sehr harte Kriterien. Dafür darf es keinen Rabatt geben. Zugleich ist unbestritten, dass alle EU-Mitglieder der Währungsunion beitreten sollten. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat die Länder zu Recht ermahnt, auf den Euro-Beitritt und die Erfüllung der Kriterien hinzuarbeiten. Niemand kommt in die Eurozone, wenn er nicht vorher seine Hausaufgaben erledigt hat. Ein eigenes Parlament für die Eurozone ist der völlig falsche Ansatz. Wir haben das Europäische Parlament, das ist das Parlament auch für die Währungsunion.
Frage: In Berlin beginnen die schwierigen Gespräche für eine Regierungsbildung. Was sind für die FDP die Kernbedingungen für Jamaika?
Lambsdorff: Wir sollten jetzt nicht in Interviews Hürden errichten, die dann die Debatte abwürgen. Unsere Schwerpunkte sind bekannt: konsequente Digitalisierung, ehrgeizige Bildungspolitik und spürbare Steuerentlastungen. 27 Jahre nach der Wiedervereinigung ist es höchste Zeit, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen.
Frage: Die CSU will ein Stück nach rechts rücken, die Forderung nach der Obergrenze für Flüchtlinge durchsetzen. Ist das mit der FDP zu machen?
Lambsdorff: Die CSU kann gerne eine Obergrenze in ihre Papiere schreiben und diese Bayernplan nennen. Der Deutschlandplan ist das Grundgesetz und das wird von Karlsruhe überwacht. Ich rate der CSU, sich nicht auf ein Ziel festzulegen, dass vom Bundesverfassungsgericht wieder kassiert werden würde. Ich selbst lehne eine Obergrenze aus Gründen der Humanität ab. Wenn Menschen politisch verfolgt werden, genießen sie Asylrecht. Viel wichtiger ist es, legale Wege der Einwanderung zu schaffen, um den verbreiteten Missbrauch des Asylrechts zu stoppen.
Frage: Die AfD zieht als drittstärkste Partei in den Bundestag ein. Sollten die übrigen Parteien gemeinsam vereinbaren, nicht auf jede Provokation der Rechtspopulisten zu reagieren?
Lambsdorff: Wir dürfen nicht bei jedem Rülpser der AfD in Hysterie verfallen. Die Erfahrungen mit Rechtsextremen im EU-Parlament lehren: Wichtig ist, die Geschäftsordnung korrekt anzuwenden, damit sich die Populisten nicht als Märtyrer in Szene setzen können. Aber wenn rassistische, volksverhetzende oder beleidigende Aussagen getroffen werden, können Sanktionen gegen die Abgeordneten verhängt werden. Das reicht völlig aus. Absprachen unter den übrigen Parteien halte ich nicht für notwendig.