27.03.2025FDPFinanzen

BUSCHMANN-Gastbeitrag: Nach der Schuldenflut droht ein Steuertsunami, das wäre fatal

Der FDP-Generalsekretär Dr. Marco Buschmann schrieb für „thepioneer.de“ den folgenden Gastbeitrag:

Deutschland befindet sich in einem Zustand, den Adam Smith, der Vater der Volkswirtschaftslehre, „den großen Stillstand“ genannt hat. Einstmals wohlhabende Länder gingen in einen Zustand der Stagnation und der Schrumpfung über, weil sie durch ihre Politik Unternehmern Anreize für Innovation und Investition sowie den Arbeitnehmern die Freude an der Leistung nehmen. Wer wollte leugnen, dass genau das gerade in Deutschland der Fall ist?

Ein Grund dafür: das deutsche Steuersystem. Es ist kompliziert und vor allem macht es Deutschland zu einem Höchststeuerland für Unternehmen und für Arbeitnehmer. Bei Steuern und Abgaben sind wir Vizemeister innerhalb der OECD, nach Belgien. Die Unternehmenssteuerlast ist deutlich höher als in den USA oder bei vielen unserer EU-Nachbarn. Ein Single mit durchschnittlichem Verdienst muss in Deutschland fast die Hälfte seines Gehalts in Form von Steuern und Sozialabgaben abführen. Da ist es kein Wunder, dass die Anwerbung hochqualifizierter Fachkräfte, die wir dringend benötigen, für Deutschland schwerfällt. Zugleich wandern jährlich gut eine Viertelmillion Arbeitnehmer – mehrheitlich Akademiker – aus Deutschland aus.

Wer den „großen Stillstand“ in Deutschland überwinden möchte, muss daher ein klares Signal setzen: Unternehmen und Arbeitnehmern in Deutschland werden steuerlich entlastet. Das politische Signal ist umso dringender, als dass die Hoffnung auf steuerliche Entlastung durch die Kassation des Solidaritätszuschlages durch das Bundesverfassungsgericht sich nicht erfüllt hat. Stattdessen sickerten am Tage der Karlsruher Entscheidung die Pläne von Union und SPD durch, die Steuerschraube noch fester anzuziehen. Statt Entlastungen werden vor allem neue Belastungen ins Schaufenster gestellt. Dabei erinnert das Ergebnis der Arbeitsgruppe 16 stellenweise an einen Leitantrag des Bundeskongresses der Jungsozialisten. Vier Vorschläge davon sind aus meiner Sicht besonders gefährlich.

Erstens: Mehrbelastung von Arbeit.

Statt die Steuerlast auf Arbeit zu reduzieren, diskutiert Schwarz-Rot ausschließlich über Steuererhöhungen. So soll der Einkommenssteuersatz auf bis zu 49 Prozent steigen. Wenn es nach der SPD geht, kann der erfahrene Industriemeister aus der Chemiebranche mit Tarifvertrag bald einen erhöhten Spitzensteuersatz von 47 Prozent bezahlen. Das wäre ein fatales Signal für die hart arbeitende Mitte unseres Landes. Schon jetzt nimmt das Arbeitsvolumen immer weiter ab. Denn das hohe Steuer- und Abgabeniveau raubt die Freude am Arbeiten und bestraft Leistung.

Zweitens: Mehrbelastung von Unternehmen.

Die Steuerbelastung für Unternehmen – durch Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Soli – liegt bei knapp 30 Prozent. Das ist der zweithöchste Unternehmenssteuersatz in der EU. Doch auch hier ist keine überfällige Trendumkehr in Sicht. Bei der Ausgestaltung des „Einstiegs in eine Unternehmenssteuerreform“ sind sich Schwarz-Rot gänzlich uneins. Im gesamten Unterkapitel zum Thema Unternehmenssteuer findet sich kein einziger geeinter Satz. Einig ist man sich bislang eher bei Steuererhöhungen: So soll der Mindesthebesatz bei der Gewerbesteuer von 200 Prozent auf 280 Prozent angehoben werden. Auch wenn der Bundesdurchschnitt inzwischen deutlich höher liegt, dürfte dies in einigen Regionen zu Mehrbelastungen für Unternehmen oder aber zu Abwanderungen von Unternehmen führen. Betroffen wäre beispielsweise eine wichtige Industriestadt mit vielen gut bezahlten Arbeitsplätzen wie Leverkusen.

Drittens: Schwarz-Rot denkt über eine „Revitalisierung“ der Vermögensteuer nach.

Schon vor 30 Jahren wurde die damalige Ausgestaltung einer Vermögensteuer für verfassungswidrig erklärt. Ihre Erhebung ist ein bürokratisches Monstrum, ihre Wirkung ökonomisch verheerend. Denn die Vermögensteuer wirkt sich stets als Substanzbesteuerung für Betriebe aus. Vermögen ist regelmäßig in Gebäuden, Maschinen und damit auch Arbeitsplätzen gebunden. Eine Vermögensteuer würde den Trend zur Desinvestition in Deutschland fatal beschleunigen.

Viertens: Mehrbelastung von Sparern.

Gerade in einer alternden Gesellschaft sind Menschen auf private Altersvorsorge angewiesen. Insbesondere vielen jungen Menschen ist das sehr bewusst. Sie sorgen über Aktien oder ETFs vor. Denn die hohen Renditen am Kapitalmarkt und der Zinseszins-Effekt über lange Zeiträume sind die einzige Chance, die sie haben, um aus eigener Kraft den Folgen des demografischen Wandels für ihre individuelle Lebensperspektive erfolgreich etwas entgegenzusetzen. Statt über eine Kapitalmarkt-Offensive, die diese Menschen unterstützt, diskutiert Schwarz-Rot lieber darüber, die Abgeltungsteuer auf Aktien-Gewinne, Dividenden und Sparzinsen von 25 auf 30 Prozent zu erhöhen. Das wäre ein Schlag ins Gesicht aller, die sparsam sind und privat fürs Alter vorsorgen.

Weiter an der Steuerschraube zu drehen, wäre fatal. Das wirkt besonders befremdlich, weil sich die künftigen Koalitionäre erst kürzlich in einem Schnellverfahren zur Änderung des Grundgesetzes gewaltige Verschuldungsspielräume verschafft haben. Offenbar findet der Hunger auf immer mehr Geld in der künftigen GroKo kein Ende: Nach der Schuldenflut deutet sich nun also ein Steuertsunami an. Man muss sich fragen, was die Fundamente des Hauses Deutschland noch alles aushalten müssen und wie lange das noch gutgehen soll.

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