KUBICKI-Interview: Ein Kanzlerkandidat Merz wäre gut für Deutschland
Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki gab der „Frankfurter Rundschau“ (Freitag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Tobias Peter.
Frage: Herr Kubicki, Sie sprechen Annegret Kramp-Karrenbauer das Format für CDU-Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur ab. Woher kommt dieses harte Urteil?
Kubicki: Annegret Kramp-Karrenbauer hat eine Woche vor der Landtagswahl in Thüringen eine völlig substanzlose Debatte darüber angezettelt, ob deutsche Soldaten in Syrien eingesetzt werden sollen. Weder das Timing noch das Thema stimmten. Die allermeisten Menschen wollen solche Einsätze nicht. Eine Vorsitzende, die einer Landespartei mit einem so unausgegorenen, nicht einmal innerparteilich abgestimmten Vorstoß in den Wahlkampf grätscht, beweist: Sie hat kein politisches Gespür. Frau Kramp-Karrenbauer zeigt immer häufiger und immer beeindruckender, dass sie nicht in der Lage ist, eine Partei zu führen.
Frage: Wer ist aus Ihrer Sicht am besten geeignet, die Union zu führen – als Partei, aber auch in Wahlauseinandersetzungen?
Kubicki: Wer die Union als Partei führt, ist mir relativ egal. Für mich ist aber klar: Deutschland und die politische Kultur in Deutschland würden mit einem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz am besten fahren. Dann würde in der öffentlichen Debatte wieder mehr darüber gesprochen werden, wie wir Deutschland ökonomisch voranbringen können. Das Land könnte jetzt jemanden mit der ökonomischen Expertise eines Friedrich Merz sehr gut gebrauchen. Ich sage aber auch: Merz wird nicht Kanzlerkandidat werden.
Frage: Warum?
Kubicki: Merz wird als Vertreter nur eines bestimmten Parteiflügels gesehen und wird sich daher schwertun, die ganze Partei hinter sich zu bringen. Seine heftige Kritik an Angela Merkel wirkt kontraproduktiv und verstärkt den Widerstand von Teilen der CDU gegen Merz.
Frage: Glück für Sie. Merz würde mit seinem Profil als Wirtschaftspolitiker vermutlich der FDP Wähler abjagen.
Kubicki: Ich halte diese parteipolitische Perspektive für zu kurz gedacht, zumal sich die Freien Demokraten in einer Diskussion über wirtschaftspolitische Fragen immer behaupten können. Ich würde mich freuen, wenn wir in Deutschland wieder mehr über die ökonomische Zukunft unseres Landes sprechen würden. Insofern kann man sicherlich darüber streiten, ob der Stil von Merz' Kritik an der Kanzlerin angemessen war. Inhaltlich hat er aber recht.
Frage: Und wer wird jetzt Kanzlerkandidat der Union?
Kubicki: Ich gehe davon aus, dass der nordrheinwestfälische Ministerpräsident Armin Laschet Kanzlerkandidat der Union wird. Annegret Kramp-Karrenbauer wäre klug beraten, von sich aus den Vorschlag zu machen, dass Laschet die Kanzlerkandidatur übernimmt. So könnte sie viel Luft aus der Debatte über ihre Kompetenz und Führungsfähigkeit nehmen. Kramp-Karrenbauer sollte das aber schnell tun. Die Union müsste in dieser Frage jetzt Klarheit schaffen, sonst gewinnt sie keine Stabilität zurück.
Frage: Laschet könnte es aus Ihrer Sicht auf jeden Fall besser als Kramp-Karrenbauer?
Kubicki: Ja, sicher. Armin Laschet ist ein sehr umgänglicher, volksnaher Typ. Ihm gelingt es durch seine Fröhlichkeit, dass die Menschen etwas optimistischer auf ihr Land blicken können. Laschet nimmt die Menschen auf diese Weise in den Arm. Er regiert erfolgreich mit der FDP in Nordrhein-Westfalen. Aber Laschet ist niemand, der wirtschaftlichen Themen dieselbe Priorität einräumen würde wie Friedrich Merz. Vermutlich ist er gerade deshalb den CDU-Gremien so gut vermittelbar.
Frage: Sprechen wir über Ihre eigene Partei. Nach den verlorenen Wahlen in Brandenburg und Sachsen haben Sie kritisiert, die FDP pflege einen zu juvenilen Auftritt. Mit zu bunten, grellen Kampagnen würde die Partei ältere Wähler abschrecken.
Kubicki: Zu dieser Analyse stehe ich uneingeschränkt. Wir dürfen die sozialen Medien nicht mit der wirklichen Welt verwechseln. Das tun zu viele von den Jüngeren in der Partei. Wenn ich in einer Blase mit 80 000 Leuten unterwegs bin und 60 000 Bestätigungen bekomme, dann heißt das nicht, dass ich die Mehrheit der Bevölkerung hinter mir habe. Meinungsbildung findet im Wesentlichen anders statt als durch Twitter, Instagram und Facebook.