07.07.2014Ganz Deutschland liegt sich vor Freude über den Mindestlohn in den Armen. Ganz Deutschland? Nein, ein paar Stimmen der Vernunft sind zu vernehmen. Wir haben sie gesammelt. So moniert Ulf Poschardt ein „ebenso grobschlächtiges wie ideologisches Mittel zur Schließung jener in diesem Land besonders leidvoll ertragenen Gerechtigkeitslücken.“ Dorothea Siems beklagt „Deutschlands Abschied von der Marktwirtschaft.“
Aber: „Das alles hat nichts mehr mit dem Konzept der sozialen Marktwirtschaft zu tun, die Deutschland nach dem Krieg die Wirtschaftswunderjahre beschert hatte und später den Aufstieg zur führenden Wirtschaftsmacht Europas ermöglichte.“
Der Mindestlohn - Eine Zäsur
Kommentare zum MindestlohnGanz Deutschland liegt sich vor Freude über den Mindestlohn in den Armen. Ganz Deutschland? Nein, ein paar Stimmen der Vernunft sind zu vernehmen. Wir haben sie gesammelt. So moniert Ulf Poschardt ein „ebenso grobschlächtiges wie ideologisches Mittel zur Schließung jener in diesem Land besonders leidvoll ertragenen Gerechtigkeitslücken.“ Dorothea Siems beklagt „Deutschlands Abschied von der Marktwirtschaft.“
In ihrem Kommentar für die „Welt“ reibt Dorothea Siems sich die Augen: „In einem atemberaubenden Tempo bringt die Regierung ein soziales Großprojekt nach dem anderen auf den Weg. Gerade erst ist das teuerste Rentengesetz aller Zeiten in Kraft getreten, da stimmt der Bundestag bereits über den flächendeckenden Mindestlohn ab, der Geringverdienern eine Gehaltssteigerung von fast zehn Milliarden Euro bringen soll. [...] Die GroKo definiert die soziale Marktwirtschaft neu: Das Adjektiv wird zum Hauptwort, während von der Marktwirtschaft immer weniger übrig bleibt.“
Aber: „Das alles hat nichts mehr mit dem Konzept der sozialen Marktwirtschaft zu tun, die Deutschland nach dem Krieg die Wirtschaftswunderjahre beschert hatte und später den Aufstieg zur führenden Wirtschaftsmacht Europas ermöglichte.“
Ulf Poschardt schreibt ebenfalls in der „Welt“: „Ein gewohnt trostloses Bild gibt der sogenannte Wirtschaftsflügel der Union ab, der lange gemault hat, um schließlich, murrend wie immer und mit ein paar papierenen 'Verbesserungen' ruhiggestellt, einer weiteren Fixierung der Marktwirtschaft zuzustimmen. Wie bei allen Eingriffen in das bunte Treiben der irgendwie freien Wirtschaft stehen herrliche bürokratische Nebenwirkungen an. Mindestlohnfindungskommissionen und neue Kontrollabteilungen. Gewerkschafter fordern eine Mindestlohn-Hotline, wo Arbeitgeber und Chefs verpfiffen werden können. Wo Staat draufsteht, folgt Überwachung auf dem Fuß. Das ermittelnde Zollamt wird sich freuen.“
Gabor Steingart schreibt im Morning Briefing des "Handelsblatts": „Die gute Nachricht: BMW baut neue Fabriken. Die schlechte Nachricht: Die neuen Produktionsstätten entstehen in China, den USA und Mexiko. Wer ein Gespür für die globale Verschiebung von Macht und Wohlstand besitzt, erkennt unschwer die Nachricht hinter der Nachricht: Die BMW-Expansionspläne sind der Kommentar zur Einführung von Mindestlohn, Mütterrente und der Rente mit 63. Nur dass kein Redakteur, sondern die Wirklichkeit diesen Kommentar verfasst hat.“
Holger Steltzner meint in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung": „Wie Politiker mit dem Schlachtruf 'Soziale Gerechtigkeit' die Marktwirtschaft ins Gegenteil verkehren können, zeigt der Mindestlohn. Das Gesetz, mit dem der Bundestag den flächendeckenden Mindestlohn beschlossen hat, trägt den Namen 'Tarifautonomiestärkungsgesetz'. Das ist eine bewusste Irreführung, denn der Gesetzgeber fügt der Tarifautonomie damit schweren Schaden zu.“