StiftungIrak-Experte im Interview

Der Irak ist im Begriff zu zerfallen

Irak-LandkarteDer Irak ist im Begriff zu zerfallen
25.06.2014

Die Lage im Irak ist unübersichtlich, aus verschieden Städten und Regionen werden Kämpfe gemeldet. Derweil schaffen Islamisten im Norden des Irak einen menschenverachtenden Gottesstaat und werden teilweise jubelnd empfangen. Falko Walde arbeitet für die Friedrich-Naumann-Stiftung in Jordanien und berät irakische Politiker. Bei n-tv.de erklärt er, wie geschickt die Isis-Kämpfer vorgehen.

Der Nahost-Experte hält im Interview fest, dass die irakische Armee überraschend schwach ist. Die Hauptstadt Bagdad sieht er aber noch nicht in Gefahr: „Rund um die Hauptstadt hat die Armee aber auch stärkere Einheiten. Es wird also für Isis keinesfalls einfach, Bagdad einzunehmen. Außerdem sind die bisher besetzten Gebiete sunnitisch, Bagdad ist mehrheitlich schiitisch. Und sowohl der Iran als auch die USA haben Militärberater in die Stadt geschickt, um die Verteidigung zu unterstützen.“

Walde befürchtet aber, dass in den Gebieten, die von Isis gehalten werden, ein Staat im Staate gebildet werden soll: „Das Gesellschaftsmodell ist klar definiert, es beruht auf einer fundamentalistischen Auslegung des Islam.“ Diese Entwicklung sehe man „in Syrien schon länger, in Mossul zeichnet es sich ab.“

Der Hass ist größer als die Angst

Dass die Menschen in Mossul die Isis-Kämpfer steilweise jubelnd begrüßt haben, führt der Nahostexperte darauf zurück, dass der Hass auf die schiitisch dominierte Regierung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki so enorm ist, dass die Angst vor Isis in den Hintergrund tritt: „Die Sicherheitskräfte haben die Sunniten in den letzten Jahren schikaniert, viele wurden ohne Gerichtsverfahren in Gefängnisse gesteckt. Isis hat die Gefangenen nun entlassen und dadurch Sympathien bekommen. Das kann umschlagen, wenn Isis seine gesellschaftlichen Vorstellungen zu schnell durchsetzt. Im Irak geht Isis bisher aber sehr klug vor und lässt es dosierter angehen.“

Wohin die Reise im Irak geht, ist für Walde nur sehr schwer abzuschätzen:  Er bezweifelt, dass es Ministerpräsident Nuri al-Maliki gelingt, einen Ausgleich hinzukriegen. „Die Ablösung des Ministerpräsidenten ist die absolute Mindestbedingung für viele Sunniten, damit sie überhaupt zum Dialog bereit sind. Andererseits: Wer sollte folgen? Ich sehe niemanden, dem alle Seiten vertrauen würden“, so Walde.

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