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CETA-Debakel ist Blamage für Europa

Alexander Graf LambsdorffAlexander Graf Lambsdorff
28.10.2016

Die kanadische Delegation hat ihre Reise zur CETA-Unterzeichnung abgesagt. Alexander Graf Lambsdorff, Vizepräsident des EU-Parlaments, zeigte Verständnis für die Entscheidung der Kanadier und bezeichnete das Hin und Her um das Freihandelsabkommen als "Blamage Europas, Affront gegen einen engen Verbündeten wie Kanada und Demonstration der Handlungsunfähigkeit einer Europäischen Union". Im Interview mit dem "Deutschlandfunk" forderte er, dass die Handelspolitik wieder zurück auf die europäische Ebene geholt werden müsste.

Die Europäische Union habe sich durch das Abstimmungsverfahren "als internationaler Verhandlungspartner völlig unmöglich gemacht", konstatierte Lambsdorff. Das Gepolter des Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel (SPD) und seines französischen Kollegen Matthias Fekl hätten maßgeblich dazu beigetragen, die gemeinsame Handelspolitik kaputt zu machen.

"Wir dürfen nicht vergessen: Es handelt sich hierbei wirklich um ein in allererster Linie sozialdemokratisches Problem. Paul Magnette, der Premierminister der Wallonie, ist der Vorsitzende der Sozialdemokraten dort", gab er zu bedenken.

Europa ist bereits demokratisch

"Wenn der Deutsche Bundestag eine Rentenreform verabschiedet, dann wird auch nicht der Gemeinderat von Biberach befragt, wie Kommissar Oettinger das gesagt hat, und trotzdem ist das demokratisch", führte Lambsdorff aus. Er unterstrich, dass die EU eine demokratische Organisation sei, die in der Handelspolitik über Jahrzehnte erfolgreich diese Dinge bearbeitet, diskutiert und entschieden habe.

"Wenn wir anfangen, alle Ebenen bei allen Entscheidungen miteinander zu vermischen, dann lähmt sich die Politik insgesamt", warnte er. Dabei gehe es nicht um Bashing der Wallonie, sondern um die ernsthafte Frage, wie die Demokratie auf dem so wichtigen Feld der Handelspolitik organisiert werden könne.

Am Donnerstagnachmittag wurden sich die Belgier dann doch noch einig: Die Zentralregierung beschloss mit den Regionen einen Zusatztext zum Handelsvertrag zwischen der EU und Kanada. Damit kann Belgien der vorläufigen Anwendung nun zustimmen.

Alexander Graf Lambsdorff reagierte erleichtert. Er unterstrich aber zugleich: "Viele Menschen sind durch die Kampagne der Gegner so verunsichert, dass sie die Befürworter für abgehoben, arrogant oder korrupt halten." Ceta-Gegnern, "die sich aufführen, als kämpften sie für die Rettung des Abendlandes", wirft Lambsdorff Narzissmus vor.

"Es gibt nicht nur dann Demokratie, wenn alle Ebenen mitreden dürfen", sagt der FDP-Politiker. Man müsse "sauberer zwischen den Zuständigkeiten von EU und Mitgliedsländern trennen", damit es nicht zu einer Neuauflage des Wallonie-Dramas komme. "Heute ist es Ceta", meint Lambsdorff, "aber schon morgen könnte etwas anderes blockiert werden."

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