25.06.2023FDPJustiz

BUSCHMANN-Interview: Man darf keine Scheu haben, Probleme auch beim Namen zu nennen.

FDP-Präsidiumsmitglied und Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann gab der „Bild am Sonntag“ das folgende Interview. Die Fragen stellten Roman Eichinger und Burkhard Uhlenbroich:

Frage: Herr Buschmann, Sie kommen aus Gelsenkirchen. Im Ruhrgebiet, aber auch in Berlin und anderen Städten liefern sich Clans Kämpfe auf offener Straße. Ist der Rechtsstaat zu schwach, um dagegen vorzugehen?

Buschmann: Nein. Fakt ist leider: Clans zeigen sich in der Öffentlichkeit gewaltbereit und begehen Straftaten. Ich erlebe das auch in meinem Wahlkreis. Der Staat hat aber alle Möglichkeiten, rechtlich dagegen vorzugehen. Die Mittel dafür liegen in den Händen der Bundesländer. Wenn wir den Druck erhöhen, weichen die Clans auch zurück. Die Polizei braucht dazu weniger Kapazitäten an den Schreibtischen, sondern noch mehr auf der Straße.

Frage: Braucht es härtere Strafen?

Buschmann: Die Strafrahmen geben heute schon viel her. Aber wir müssen spezielle Verbrechen der Clans auch auf unkonventionelle Weise bekämpfen.

Beispielsweise indem wir die Statussymbole von Clan-Mitgliedern nach Straftaten einziehen, etwa deren Luxus-Karossen, teuren Schmuck und Uhren. Der Rechtsstaat muss zeigen, dass er Zähne hat.

Frage: Reicht eine Politik der Nadelstiche wie in Nordrhein-Westfalen aus?

Buschmann: Ich wünsche mir da insgesamt mehr Klarheit und Konsequenz. Ich habe mich als Gelsenkirchener schon etwas über die Debatte der schwarz-grünen Landesregierung in Düsseldorf gewundert, ob man Clan-Kriminalität auch als solche bezeichnen darf.

Wir brauchen keine Sprachpolizei, die sich mit Begrifflichkeiten auseinandersetzt; wir brauchen mehr Polizei auf den Straßen, die sich mit den Clans auseinandersetzt.

Die Mafia heißt Mafia und Clan-Kriminalität heißt Clan-Kriminalität. Man darf keine Scheu haben, Probleme auch beim Namen zu nennen.

Frage: Kann man Clan-Gangster mit Migrationshintergrund schneller abschieben?

Buschmann: Ich bin dafür, dass in den Bundesländern unsere Abschiebekapazitäten primär für Kriminelle und Gefährder genutzt werden.

Es ist grotesk, dass teils Menschen mit fester Arbeit abgeschoben werden – und auf der anderen Seite die Abschiebung Krimineller scheitert. Da müssen wir besser werden.

Frage: Sie wollen das alte Transsexuellengesetz jetzt durch ein neues Selbstbestimmungsgesetz ersetzen. Was sind die wichtigsten Inhalte?

Buschmann: Schon heute können Menschen ihren Geschlechtseintrag und ihren Vornamen ändern lassen, wenn sie sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, das in ihrem Pass steht. Wir wollen das Verfahren dafür erleichtern.

Mir ist wichtig, dass der Staat die Identität eines Menschen respektiert. Das muss heißen: keine quälend langen medizinischen oder psychologischen Untersuchungen mehr. Transmenschen sollen nicht länger stigmatisiert oder wie Kranke behandelt werden.

Auch das Bundesverfassungsgericht hat es wiederholt klargemacht: Das vom Grundgesetz gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt auch die geschlechtliche Identität. Der Staat ist verpflichtet, diese Identität zu achten.

Wir geben diesen Menschen ein Stück Würde zurück. So viel Toleranz muss in der liberalen Demokratie möglich sein.

Frage: Kann dann jeder Mann zum Amt gehen und als Frau zurückkommen?

Buschmann: Sehr vereinfacht kann man das zwar so sagen. Aber: Die Erklärung muss nach unseren Plänen drei Monate vorher angemeldet werden.

Bei unter 18-Jährigen braucht es die Zustimmung der Eltern. Und man muss eine Versicherung über die eigene geschlechtliche Identität abgeben. Und wichtig: Die Änderung betrifft in erster Linie nur den personenstandsrechtlichen Eintrag.

Frage: Viele Menschen haben die Sorge, dass diese Regel missbraucht wird.

Buschmann: In der Schweiz gibt es eine ähnliche Regelung bereits seit Januar 2022. Die Erfahrungen dort und in anderen Ländern zeigen: In der Praxis kommt es so gut wie nie zu Missbrauch. Es sind aus diesen Ländern keine ernsthaften Probleme bekannt geworden.

Trotzdem haben wir umfassende Vorkehrungen gegen alle denkbaren Möglichkeiten des Missbrauchs getroffen. Selbst die mögliche Reaktivierung der Wehrpflicht haben wir bedacht.

Frage: Was heißt das?

Buschmann: Wir sind ja zum Glück vom Eintritt des Spannungs- und Verteidigungsfalls sehr weit entfernt. Aber im Fall der Fälle gilt: Niemand soll sich einer Dienstpflicht entziehen können, indem er dann schnell seinen Geschlechtseintrag ändert.

Deshalb sagt das Gesetz dann: Jemand, der gerade erst sein Geschlecht geändert hat, gilt weiterhin als Mann – zumindest wenn es um die Dienstpflicht geht. Das ist natürlich eine sehr theoretische Debatte.

Aber sie zeigt: Wir haben das gründlich durchdacht und Missbrauch auch in solchen Fällen ausgeschlossen.

Frage: Dürfen Männer nach der Umtragung zur Frau auch in Frauen vorbehaltene Räume – also zum Beispiel in Frauenhäuser, in die Frauen-Sauna?

Buschmann: Es gibt keinen Grund zur Sorge. Schon heute entscheiden private Einrichtungen selbst, wer Zugang bekommt und wer nicht. Und dabei bleibt es. Natürlich darf man nicht willkürlich diskriminieren. Aber auch hier geraten wir in keine neue Situation.

Änderungen des Geschlechtseintrags gibt es ja schon länger und es ist so gut wie nie zu Problemen gekommen. Das wird auch in der Zukunft so bleiben. Viele Transmenschen fühlen sich übrigens durch solche Debatten verletzt.

Denn sie erwecken manchmal den Eindruck, den Betroffenen werde eine erhöhte Gewaltbereitschaft unterstellt. Das ist aber in keiner Weise der Fall.

 

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