20.04.2003FDP

BRÜDERLE: 20 Prozent aller Subventionen kürzen und damit niedrigere Steuern gegenfinanzieren

BRÜDERLE: 20 Prozent aller Subventionen kürzen und damit niedrigere Steuern gegenfinanzieren

Berlin. Der stellvertretende FDP-Partei- und Fraktionsvorsitzende RAINER BRÜDERLE hat die jüngste Übereinkunft der Ministerpräsidenten KOCH und STEINBRÜCK zum Subventionsabbau aufgegriffen und dazu weiter gehende Vorschläge geäußert. In Berlin erklärte er:

"Die Chance, an die Subventionen ran zu gehen, war noch nie größer als heute. Angesichts leerer öffentlicher Kassen und einer lang andauernden Wirtschafts- und Beschäftigungskrise in Deutschland nimmt der Konsolidierungsdruck tagtäglich zu. Dabei ist allen halbwegs ökonomisch gebildeten Entscheidungsträgern klar: Steuererhöhungen sind in Zeiten einer dahinsiechenden Wirtschaftsentwicklung tabu. Welch verheerende Auswirkungen allein die Debatten darüber haben - siehe Steuervergünstigungsabbaugesetz, siehe Mehrwertsteuererhöhung -, zeigt sich in der aktuellen Vertrauenskrise der Nachfrager, die das konjunkturelle Tief zusätzlich verfestigt.

Vielmehr müsste die Politik auf massive Steuersenkungen setzen. Das traut sie sich aber nicht, weil Steuerausfälle möglicherweise kurzfristig weitere Löcher in die öffentlichen Kassen reißen. Dabei sind die mit Steuer- und Abgabensenkungen mittelfristig erzielbaren Wachstums- und Beschäftigungseffekte unbestritten die entscheidende Determinante für eine erfolgreiche Konsolidierung der Staatsfinanzen.

Diese Mutlosigkeit der deutschen Finanzpolitik wird meist auch mit der möglichen Verletzung der europäischen Stabilitätskriterien begründet. Aber auch hier zeigt sich, dass das Unterlassen von Steuersenkungen den Abbau des Staatsdefizits nicht erleichtert, sondern erschwert. Wegen des Verzichts auf niedrigere Steuern brechen derzeit Steuereinnahmen weg, und Staatsausgaben zur Verwaltung der unerträglich hohen Arbeitslosigkeit steigen. Die Vorgaben des Maastrichter Vertrag werden so zusehends ausgehöhlt.

Mit der Willensbekundung der Ministerpräsidenten KOCH und STEINBRÜCK, Subventionen in drei Jahren um 10 Prozent zu kürzen, ist nun endlich der politische Weg vorgegeben, um das vermeintliche Dilemma der kurzfristigen Steuerausfälle durch eine notwendige Steuersenkungspolitik zu beheben. Wegfallende Subventionen können zur Gegenfinanzierung für niedrigere Steuern herangezogen werden.

Subventionsabbau ist in einem marktwirtschaftlichen System eine ordnungspolitische Daueraufgabe. Denn Subventionen verzerren den Wettbewerb, behindern den Strukturwandel und erhöhen Anpassungslasten in der Zukunft. Das sind ökonomische Binsenweisheiten, die alle Wirtschaftsexperten regelmäßig vortragen und die alle Wirtschaftspolitiker kennen. Dennoch tut sich die Politik mit dem Abbau von Subventionen ausgesprochen schwer. Das ist
allerdings mit der Theorie der politischen Ökonomie sehr gut erklärbar. Subventionsempfänger sind natürlich auch Wähler und für Politiker sind Zahlungen zugunsten von Unternehmen und bestimmten Personengruppen Mittel zur positiven "Wählerbeeinflussung". Entsprechend führt eine Kürzung der Zahlungen zum Stimmenverlust. Da Politiker ökonomisch als Stimmenmaximierer beschrieben werden können, sind sie immer dann, wenn es um den vermeintlichen Verlust von Wählerstimmen geht, vorsichtig. Vorschläge zur Subventionskürzung nach der Rasenmähermethode sind ökonomisch betrachtet zwar lediglich "second best", aber es sind die Vorschläge, mit denen sich alle politischen Entscheidungsträger engagieren könnten.

Die FDP sagt aus diesem Grunde, wir wollen schnellst möglich 20 Prozent aller Subventionen zurückführen.

Nach der allgemein anerkannten Abgrenzung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft würde auf diese Weise eine Summe von mindestens 14 Milliarden Euro zusammenkommen. Diese Summe umfasst nur die Finanzhilfen und Steuervergünstigungen, die der Bund gewährt. Bezieht man Länder und Gemeinden sowie die Bundesanstalt für Arbeit in die Kürzung mit ein, wäre noch einmal ein Volumen von 14 Milliarden Euro erzielbar.

Allerdings ist klar, dass die Kürzungen keine Bereiche ausnehmen dürfen. Die Diskussion darüber, wo gekürzt wird und welche Bereiche verschont bleiben, wäre das Vertun der großen Chance zum umfassenden Subventionsabbau, die sich gerade jetzt auftut. Natürlich muss die Eigenheimzulage ebenso in die Abbaupläne einbezogen werden, wie die steuerfreien Nacht- und Schichtzuschläge. Und natürlich wird die Werftenindustrie genauso ihren Beitrag leisten müssen wie der Steinkohlebergbau. Auch der Verweis, dass hier feste Verträge bestehen, ist nicht legitim. Verträge kann man ändern, und Subventionszusagen sind in allen Bereichen immer auch Verträge zwischen Subventionsgeber und -empfänger. Warum diese in einem Bereich kündbar sind, in anderen Bereichen nicht, das leuchtet keinem ein. Die Rasenmähermethode setzt darauf, dass alle den prozentual gleichen Beitrag leisten. Denn damit kann das Gegenargument einer ungerechten Subventionskürzung schnell entkräftet werden.

Wir haben jetzt endlich die Möglichkeit, den jahrzehntelang gesuchten Einstieg in den Subventionsabbau zu finden. Das müssen wir im Interesse der Wirtschaftskraft Deutschlands und im Interesse einer Wachstums- und Beschäftigungspolitik mit niedrigeren Steuern und Abgaben nutzen. Allen, die jetzt anfangen darüber zu diskutieren, wo man nicht kürzen darf, sei ins Stammbuch geschrieben: Sie verspielen eine historische Chance."

Social Media Button