StiftungBericht aus aktuellem Anlass

Zukunft der Ukraine hängt in der Schwebe

Ukrainische Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko
11.12.2013

In einem Bericht der Stiftung für die Freiheit fordert Miriam Kosmehl die ukrainischen Oppositionsparteien auf, den Bürgern echte Lösungen zu bieten. Kosmehl, Projektleiterin der Stiftung für die Freiheit in der Ukraine und Belarus, beschreibt die komplexen soziopolitischen Faktoren, die sich hinter den eindrucksvollen, pro-europäischen Massenprotesten in der Ukraine verbergen. Dabei durchleuchtet die Stiftungsexpertin die Kalküle der ukrainischen Oligarchen, die Motivationen Russlands und die Schwächen, die im parteipolitischen System des Landes verwurzelt sind.

Für das russische Regime sei klar: "Gerade die Ukraine darf bei dem vom Kreml betriebenen Projekt Zollunion, das in eine Eurasische Union als Gegenentwurf zur EU münden soll, nicht fehlen, um im eigenen Land die Vorzüge der slawischen Zivilisation gegenüber dem westlichen Wertesystem vertreten zu können", erklärt Kosmehl. Die Absage des ukrainischen Präsidenten an die EU gelte insofern als Erfolg für das russische Staatsoberhaupt Wladimir Putin. Auch die Oligarchen der Ukraine hätten große Interesse daran, den Status quo aufrecht zu erhalten.

Die friedlichen Demonstranten in der Ukraine, die in der Hauptstadt den Rücktritt von Präsident Wiktor Janukowytsch fordern, haderten mit der unverhältnismäßigen Gewalt der Sicherheitskräfte, aber auch mit internen Uneinigkeiten, so Kosmehl. Die staatliche Gewalt habe allerdings zur Folge gehabt, dass am 1. Dezember zum ersten Mal nach der Orangen Revolution wieder mehrere hunderttausend Bürger auf der Straße waren, "die – ganz anders als bei den bezahlten Scheinversammlungen der letzten Jahre – deutlich aus eigenem Antrieb kamen", schreibt die Stiftungsexpertin weiter.

Opposition muss Splittergruppen zusammenbringen

Ein tiefer Graben bestehe allerdings immer noch zwischen Zivilgesellschaft und Politik, sogar in der Opposition. Das Misstrauen der Bürger sei dadurch begründet, dass die überwiegende Mehrheit der Parteien durch mächtige Finanzgruppen und regionale Klans beherrscht werden, die ihre Interessen ohne Rücksicht auf das Wohl des Staates durchsetzen wollten, heißt es im Bericht. Unter den verschiedenen Oppositionsparteien gebe es auch keine einheitliche Strategie.

Vor diesem Hintergrund sei es schwer abschätzbar, wie viele Ukrainer sich weiter protestbereit zeigen. Dazu komme die Frage, ob die Sicherheitskräfte die Regierung weiterhin unterstützen oder ihre Loyalität im entscheidenden Moment wechseln. "2004 stellten sich Generäle des Inlandsgeheimdienstes gegen das Innenministerium und verhinderten so das gewaltsame Zerschlagen der Proteste der Orangen Revolution. Das dürfte auch Janukowytsch noch in Erinnerung sein", schreibt Kosmehl.

Vertrauen und Beteiligung der Bürger wiederherstellen

Kurzfristig sei von zentraler Bedeutung, dass die internationale Beobachtung der Ukraine nicht abbricht. Kosmehl fordert prominente Europäer mit Osterfahrung auf, sich für Gespräche einzusetzen und gegebenenfalls diese auch zu begleiten. Ihrerseits müssten sich die ukrainischen Oppositionspolitiker in zentralen Fragen verständigen und inhaltliche Problemlösungen präsentieren. Kosmehl betont: "Wichtig ist, der ukrainischen Gesellschaft glaubhafte und nachvollziehbare Alternativen aufzuzeigen, so dass sich die Bürger eine fundierte Meinung bilden können, wem sie ihr politisches Mandat geben wollen – und langfristig wieder Vertrauen in die Politik entwickeln, gepaart mit der Möglichkeit, auch tatsächlich Einfluss nehmen zu können."

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