14.09.2005FDP-Fraktion

WINTERSTEIN: Lösung der Zypernfrage darf nicht auf die lange Bank geschoben werden

Kurz vor dem geplanten Starttermin für die Beitrittsgespräche mit der Türkei laufen die diplomatischen Bemühungen um eine Lösung der Zypern-Frage auf Hochtouren. Vor einigen Tagen hat die britische Ratspräsidentschaft zusammen mit Frankreich eine neue Kompromissformel gefunden. Danach soll die Türkei Zypern vor Ende der Beitrittsverhandlungen völkerrechtlich verbindlich anerkennen. So wird eine konkrete Frist für die Anerkennung vermieden, denn mit einem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen und einem Beitritt rechnen selbst Optimisten frühestens in zehn bis fünfzehn Jahren.
Es stellt sich aber die Frage, ob die EU sich und der Türkei mit einer solchen großzügigen dehnbaren Frist tatsächlich einen Gefallen tut. Zwar wird immer wieder argumentiert, die Anerkennung Zyperns gehöre streng genommen nicht zu dem Bedingungskatalog für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen. Trotzdem ist es äußerst problematisch, wenn die Türkei mit der EU Beitrittsgespräche führt, gleichzeitig aber einen der 25 Verhandlungspartner vollständig ignoriert und das womöglich über Jahre hinweg.
Selbst wenn also die Beitrittsgespräche am 3. Oktober mit Hilfe der neuen Kompromissformel beginnen sollten, steht jetzt schon fest: Der Zypernstreit wird nach Beginn der Verhandlungen früher oder später wieder aufflammen und sich zuspitzen. Das könnte im äußersten Fall zu einer Unterbrechung der Verhandlungen führen. Ob es für die Türkei nicht doch sinnvoller ist, die Zypern-Frage vorab zu klären, gilt es abzuwägen.
Eines ist mit Sicherheit klar: Die Türkei muss jetzt schon das Zollabkommen mit der EU auch in Zypern vollständig und in nicht-diskriminierender Weise umsetzen. Bewegt sich Ankara in diesem Punkt
nicht auf die EU zu, so dürfte der Weg hin zu vernünftigen und konstruktiven Beitrittsgesprächen auch mit der britisch-französischen Kompromissformel ein sehr steiniger werden.
969-winterstein-tuerkei-zypern-frage.pdf

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