WESTERWELLE-Telefonaktion mit "Frankenpost" / "Freies Wort"
Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Spitzenkandidat für die Bundestagswahlen 2005 DR. GUIDO WESTERWELLE stellte sich folgenden Leserfragen von "Frankenpost" und "Freies Wort", moderiert von CORNELIE BARTHELME:
Herr Dr. Narjok aus Hof: In Sachsen-Anhalt wurde bis 1944 synthetisches Benzin aus Braunkohle hergestellt. Einige Werke stehen noch. Warum rüstet man sie nicht auf und tut sich mit China zusammen, wo es viel Kohle gibt, aber kein Erdöl?
WESTERWELLE: Herzlichen Dank für die Anregung. Grundsätzlich sollten wir in Deutschland einen möglichst breiten Energiemix haben. Dazu gehören auch die regenerativen Energien. Aber wir müssen vor allem bedenken, daß wir mittlerweile die zweithöchsten Stromkosten in Europa haben; 40 Prozent davon sind vom Staat gemacht. Das kann ich politisch angehen, und natürlich auch schneller als eine neue Technik, die interessant klingt.
Frau Neuendorf, Struth-Helmersdorf: Ich finde Sie sehr toll, Herr Westerwelle. Meine Stimme haben Sie sicher. Für eine Studienarbeit interessiert mich Ihre Haltung zum Beitritt der EU zur Türkei.
WESTERWELLE: Derzeit ist die Türkei nicht beitrittsfähig und die EU auch nicht aufnahmefähig. Wie das in 15 Jahren ist, kann man nicht voraussagen. Die Verhandlungen müssen ergebnisoffen sein. Eine Vorbedingung für Verhandlungen gibt es: Die Türkei muss alle EU-Staaten anerkennen - auch Zypern.
Herr Simon aus Trusetal: Ich bin niedergelassener Internist und CDU-Mitglied, werde aber meine Zweitstimme wahrscheinlich der FDP geben. Ich finde, Sie müssen Rot-Grün mehr attackieren.
WESTERWELLE: Vor allem müssen wir darüber reden, worum es geht. Nicht: Wer lächelt besser? Sondern: Wie beenden wir die Massenarbeitslosigkeit?
Die Menschen sind zu leichtgläubig, gerade hier im Osten. Da hat Herr Stoiber ein bißchen recht.
WESTERWELLE: Das sehe ich anders. Ich war gerade in Thüringen unterwegs. Die Menschen wissen genau, daß es um die Entscheidung für oder gegen einen Neuanfang geht. Klugheit und Dummheit sind in Deutschland flächendeckend gleichermaßen verteilt.
Herr Oppelt in Trusetal: Wenn die Frau Merkel die Wahl gewinnen will, warum hat sie die kompetentesten Leute ausgewiesen: Merz und Seehofer?
WESTERWELLE: Wir haben unsere eigenen Persönlichkeiten, mit denen wir überzeugen wollen. Hermann-Otto Solms hat ein sehr gutes Steuerkonzept mit Entlastungen für alle vorgelegt. Das wollen wir durchsetzen. Deswegen wollen wir stärker werden.
Frau Schmager aus Zella-Mehlis: Ich bin fast entschlossen, PDS zu wählen - aber Ihr Programm gefällt mir auch. Sie wollen aber mit der CDU koalieren, die Nacht- und Sonntagszuschläge besteuern will. Als Krankenschwester im Drei-Schicht-System wäre ich betroffen.
WESTERWELLE: Wir werden dafür sorgen, daß gerade Sie - eine Familie mit Kind - entlastet werden. Mit unserem Steuermodell wird es Ihnen besser gehen als heute, wo sie hohe Steuersätze haben, hohe Abgaben, viel Bürokratie. Genau für Sie machen wir unser Steuermodell, damit Ihre Leistung sich lohnt.
Herr Möhring aus Suhl: Ich habe ein Unternehmen mit zwölf Mitarbeitern. Denen werde ich sagen: Wenn es zum Wechsel kommt, wird das Gehalt erhöht. Denn dann gibt es mehr Konjunktur, wir werden mehr Aufträge bekommen, Umsatz machen, Gewinne erwirtschaften, ganz einfach.
WESTERWELLE: Wir werden die Mittelständler unterstützen, denn sie sind das Rückgrat der Wirtschaft. Sie schaffen 60 Prozent der Arbeitsplätze.
Herr Wachter aus Selbitz: Wie verhält sich die FDP zur Gentechnologie?
WESTERWELLE: Wir werden Bio- und Gentechnologie nach Deutschland einladen. Das ist gut für Wirtschaft und neue Arbeitsplätze.
Aber was ist mit der Ethik? Gentechnologie greift in die Schöpfung ein.
WESTERWELLE: Wir werden Gentechnologie zulassen wie auf der ganzen Welt und wir werden sie kontrollieren. Aber täten wir nicht, was unsere Nachbarn tun, hätten wir noch mehr Arbeitslosigkeit und verpassen auch Chancen, Krankheiten und den Welthunger besser zu bekämpfen.
Müßte man nicht versuchen, weltweit nicht allein auf Wachstum zu setzen?
WESTERWELLE: Ich kann Ihnen nicht versprechen, daß ein deutscher Politiker die politischen Ansichten der ganzen Welt umstellen kann. China etwa hat ein Wirtschaftswachstum von zehn Prozent, die werden nicht auf uns hören, wenn wir sagen, dass sie ihren Energiebedarf mit Windrädern decken sollen. Umweltschutz ist nur mit neuen Technologien und Wirtschaftswachstum möglich.