18.02.2003FDP

WESTERWELLE-Interview für die "Aachener Nachrichten"

Der FDP-Bundesvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE gab den "Aachener Nachrichten" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte WILFRIED LINDNER.

Frage: Wie besorgniserregend sind die Erkenntnisse des Bundesnachrichtendienstes zum
Irak?

WESTERWELLE: Ich halte mich aus staatpolitischer Verantwortung an meine
Verschwiegenheitspflicht. Aber ich bewerte die Erkenntnisse als entscheidungserheblich. Sie müssen veröffentlicht werden, damit sich die Bevölkerung über die Bedrohungslage eine Meinung bilden kann. Das geht, ohne dass Quellen gefährdet werden. Wir müssen wissen, welche Trägersysteme und Reichweiten es im Irak gibt und warum etwa die Gesundheitsministerin unter Hinweis auf den Irak Pockenimpfstoffe erwerben will.

Frage: Wer diese Erkenntnisse nicht veröffentlicht, täuscht die Bevölkerung?

WESTERWELLE: Er sagt zumindest nicht das, was die Menschen wissen müssen. Wir haben als Politiker jenseits aller Stimmungen auch die Verpflichtung, die Sicherheit zu gewährleisten. Massenvernichtungswaffen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft wären eine konkrete Bedrohung unseres Landes.

Frage: Eine konkrete Bedrohung Deutschlands oder Mitteleuropas?

WESTERWELLE: Für Pockenviren oder Milzbranderreger und andere biologische
Kampfstoffe braucht man keine Raketen, die können auch durch Kuriere in unser Land gebracht werden. Dass wir mit allem rechnen müssen, wissen wir hoffentlich seit dem 11. September. Ich bin als Liberaler für eine wehrhafte Demokratie nach innen und nach außen.

Frage: Also besser ein Ende mit Schrecken im Irak als endloser Schrecken?

WESTERWELLE: Seit dem zweiten Bericht der Waffeninspekteure bin ich etwas hoffnungsvoller: Die Waffeninspekteure sollten mehr Zeit bekommen. Aber der Druck zur Entwaffnung muss erhalten bleiben.

Frage: Am Wochenende demonstrierten Hunderttausende für Frieden. Isoliert ist die Regierung da nicht gerade.

WESTERWELLE: Für den Frieden sind alle. Es bleibt dabei: Der Bundeskanzler hat Deutschland aus wahltaktischen Gründen außenpolitisch isoliert. Jetzt setzt Gerhard Schröder auf eine neue Friedensbewegung aus der bekannten Mixtur: Ehrenwerter Pazifismus, unvernünftiger Anti-Kapitalismus und peinlicher Anti-Amerikanismus. Ich sage voraus, dass diese Regierung diese neue Friedensbewegung am meisten enttäuschen wird.

Frage: Wie und wann?

WESTERWELLE: Wir alle wollen eine militärische Intervention verhindern. Falls sie aber doch notwendig wird, käme auf Deutschland die Frage nach Flugabwehrraketen genauso zu wie die Frage, ob deutsche Soldaten in Awacs-Flugzeugen eingesetzt werden und ob Deutschland einen eigenen Beitrag leistet. Rot-Grün wird sich dem nicht entziehen und damit die Menschen enttäuschen. Das passt in eine Linie: Diese Regierung hat Deutschland
wirtschaftlich ruiniert und außenpolitisch isoliert. Während Willy Brandt und Helmut Schmidt in die Geschichte eingegangen sind, weil sie Deutschland fester in der Völkergemeinschaft verankert haben, wird Gerhard Schröder uns aus der Völkergemeinschaft heraus führen. Nach alle dem bleiben eigentlich nur Neuwahlen.

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