07.09.2005FDP

WESTERWELLE-Interview für den "Ring Nordbayerischer Tageszeitungen"

WESTERWELLE-Interview für den "Ring Nordbayerischer Tageszeitungen"

Der FDP-Bundesvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE gab dem "Ring Nordbayerischer Tageszeitungen" (heutige Ausgaben) das folgende Interview. Die Fragen stellte MANFRED OTZELBERGER:

Frage: Herr Westerwelle, welches Auto fahren Sie privat?

WESTERWELLE: Einen Smart. Der ist äußerst sparsam und hat einen großen Vorteil: Ich finde immer einen Parkplatz.

Frage: Die Benzinwut ist derzeit das große Thema. Ist die Politik da völlig machtlos?

WESTERWELLE: Nein. Kurzfristig ist es vernünftig, die nationale Ölreserve abzuschmelzen und durch eine Entspannung der Marktlage eine Entlastung der Bürger zu bewirken. Ansonsten bleibt für die FDP die Rückführung der unsinnigen Ökosteuer auf der Tagesordnung. Sie hat wesentlich dazu beigetragen, daß wir in Europa als Deutsche die zweithöchsten Energiepreise haben.

Frage: In ihrem Wahlkonzept soll die Pendlerpauschale abgeschafft werden. Das wäre noch mal ein herber Schlag für die Autofahrer. Ist so was in diesen Zeiten wirklich sinnvoll?

WESTERWELLE: Ja, denn den gesamten Wegfall der steuerlichen Ausnahmetatbestände investieren wir ja in die Senkung der Steuersätze. Nach unserem Steuermodell wird eine vierköpfige Familie erst ab 38.800 Euro überhaupt den ersten Cent bezahlen. Ein so familienfreundliches und sozial ausgewogenes Konzept hat noch keine einzige Partei vorgelegt.

Frage: War es Ihr größter Fehler, daß Sie im letzten Wahlkampf 2002 keine Koalitionsaussage gemacht haben?

WESTERWELLE: Die Lage ändert sich. 2005 hat der Bundeskanzler gerichtlich bestätigt bekommen, daß er an den Widerständen seiner eigenen Koalition gescheitert ist. Inhaltlich sind SPD und Grüne definitiv kein Partner für die FDP im Bund.

Frage: Letzte Woche sind Sie mit Stoiber und Merkel aufgetreten. Ist es nicht ein komisches Gefühl neben einem Herrn Stoiber zu stehen, der Sie als "Leichtmatrosen" bezeichnet hat?

WESTERWELLE: Es wird zuviel beim Bier und am Stammtisch geredet. Wenn ich das jedesmal schwer nehmen würde, hätte ich nur noch den gebeugten Gang. Da muß man als Rheinländer mit einer Portion Leichtigkeit drüber weggehen können. Im übrigen, aus manchem Matrosen ist schon ein Erster Offizier geworden.

Frage: Aber täuscht der Eindruck, daß Sie mit Merkel viel besser können und sie sich im Gegensatz zu Stoiber auch duzen?

WESTERWELLE: Angela Merkel und ich kommen aus der gleichen Generation, wir verstehen uns in der Tat persönlich und politisch gut, das wird unserer Regierung auch gut tun.

Frage: War Ihr Koalitionsgipfel nicht eine unehrliche Show? Die strittigen Themen haben Sie ja ausgeklammert.

WESTERWELLE: Es waren ja auch keine Koalitionsverhandlungen, dieser Wechselgipfel diente dem Ziel, klarzumachen, daß bei allen Meinungsverschiedenheiten, die es zwischen Konservativen und Liberalen immer gab ­ man denke nur an Franz Josef Strauß und Hans-Dietrich Genscher ­ die Summe unserer Gemeinsamkeiten weit größer ist. Auch bei einer knappen Mehrheit für schwarz-gelb.

Frage: Was wollen Sie in der Regierung ändern?

WESTERWELLE: Die Abschaffung des Bankgeheimnisses muß rückgängig gemacht werden. Die Tatsache, daß jeder normale Beamte ohne Richter, ohne Staatsanwalt auf die Stammdaten von jedem deutschen Konto blicken kann, ist ein Verlust an Freiheit und kein Gewinn an Sicherheit.

Frage: In der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit zittern Mitarbeiter. Wollen Sie die Behörde wirklich zerschlagen?

WESTERWELLE: Wir halten eine Mammutbehörde von über 90.000 Beschäftigten, bei denen nur etwas mehr als zehn Prozent mit der Vermittlung von Arbeitskräften beschäftigt sind, für nicht führbar. Auch Ex-Präsident Florian Gerster sagt, diese Behörde ist nicht reformierbar. Wir wollen die Behörde in drei schlagkräftige kleinere Agenturen aufgliedern: Erstens auf Bundesebene eine Agentur für die Arbeitslosenversicherung. Zweitens eine Agentur für die überregionale Vermittlung, dazu kommt die Verlagerung der Arbeitsvermittlung vor Ort an die Kommunen.

Frage: Sie haben lange gezögert mit ihrem Outing als Homosexueller. Hat Ihnen das genutzt oder geschadet?

WESTERWELLE: Wenn man eine Person des öffentlichen Lebens ist und mit seinem Lebensgefährten seit Jahren auch auf öffentliche Veranstaltungen wie eine Geburtstagsfeier geht, muß man damit rechnen, daß es irgendwann auf die Titelseiten wandert. Ich mache mein Privatleben nicht zum Thema, auch nicht in diesem Interview. Da ist Deutschland längst weiter. Politiker sollten nach ihrer Arbeit bewertet werden, nicht nach ihrem Privatleben.

Frage: Aber mit Herrn Stoiber müssen Sie sich inhaltlich befassen. Der hat die Homosexuellen-Ehe mit "Teufelsanbetung" verglichen.

WESTERWELLE: Die Bayerische Staatsregierung hat gegen dieses Gesetz geklagt, das nehmen wir Liberale zur Kenntnis. So wie die CSU zur Kenntnis nehmen wird, daß das nicht die gemeinsame Haltung einer schwarz-gelben Regierung werden wird. Die FDP ist der Garant dafür, daß der Staat die Menschen nicht bevormundet, sondern jeder nach seiner Facon glücklich werden darf.

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