04.09.2005FDP

WESTERWELLE-Interview für "BZ"

Der FDP-Bundesvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE gab der "BZ" (Sonntag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte FRIEDEMANN WECKBACH-MARA:

Frage: Sie wollen nach der Wahl mit der Union regieren. Stellen Sie dafür Bedingungen wie Verzicht auf Mehrwertsteuererhöhung?

WESTERWELLE: Wenn man mit einem Partner gemeinsam die Regierunge bilden will, würde die Haltung "friß Vogel oder stirb" vor Koalitionsverhandlungen die Niederlage programmieren.

Frage: Geht die Union überhaupt auf Ihre Wünsche ein?

WESTERWELLE: Die gemeinsame Stellungnahme der drei Parteivorsitzenden in dieser Woche mit dem Bekenntnis für ein niedrigeres, einfacheres und gerechteres Steuersystem zeigt, daß alle drei Parteien zum gemeinsamen Neuanfang entschlossen sind.

Frage: Ab wann soll das kommen?

WESTERWELLE: Die beiden Experten Professor Kirchhof und Hermann Otto Solms sind in der Lage, innerhalb weniger Wochen eine komplette Neugründung des deutschen Steuersystems zu vereinbaren. Dann kann die Steuerreform zum 1. Januar 2007 Gesetz sein.

Frage: Und was passiert 2006?

WESTERWELLE: Zum 1. Januar 2006 wird das Ladenschlußgesetz abgeschafft. Wir brauchen nicht dieselben Einkaufszeiten in Berlin wie in Bernkastel an der Mosel. Schon im nächsten Jahr kann jedes Bundesland über die Ladenschlußzeiten selbst frei entscheiden. Das ist auch Vorfahrt für Arbeit, denn wenn die Ladentüren verschlossen sind, gibt es keinen Umsatz. Zur Fußballweltmeisterschaft zum Beispiel sollten die Läden für die vielen tausend Kunden aus aller Welt offen stehen können. Das schafft Arbeitsplätze.

Frage: Wer wird Fußballweltmeister?

WESTERWELLE: Deutschland selbstverständlich. Jedesmal wenn Deutschland Weltmeister wurde, war die FDP in der Bundesregierung. Schon deswegen war es notwendig, daß der Bundeskanzler die Wahlen vorgezogen hat.

Frage: Wie lange werden Sie Ihren Dauerstreit mit den Gewerkschaften fortsetzen?

WESTERWELLE: Wir streiten nicht mit den Gewerkschaften, sondern für die Arbeitnehmer. Für sie werden wir schon 2006 durch Gesetz mehr betriebliche Bündnisse ermöglichen, damit vor Ort in den Betrieben mehr entschieden wird. Wenn 75 Prozent der Beschäftigten des Betriebes in geheimer Abstimmung für Abweichungen vom Tarifvertrag stimmen, etwa um einen bestimmten Auftrag in die Firma zu holen, dann wird das ohne Vetorecht für Gewerkschaftsfunktionäre möglich. Ebenfalls 2006 werden wir das Bankgeheimnis wieder einführen.

Frage: Wieso, der Kontostand unterliegt doch dem Bankgeheimnis?

WESTERWELLE: Heute haben Finanzbeamte Zugriff auf die Stammdaten aller Konten, ohne Anfrage eines Richters oder Staatsanwalts. Das ist kein Gewinn an Sicherheit, sondern ein Verlust an Freiheit der Bürger. Und als dritten Punkt im Sofortprogramm für 2006 wollen wir das forschungs- und fortschrittsfeindliche Gentechnik-Gesetz der rot-grünen Regierung wieder so ändern, daß Forscher und Industrie nicht länger außer Landes geekelt werden. Neue Technologien sind auch eine Voraussetzung für besseren Umweltschutz.

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