WESTERWELLE-Interview für "Bild"
Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE gab "Bild" (Montag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte MICHAEL BACKHAUS:
Frage: Herr Westerwelle, steht die FDP für eine Ampel-Koalition mit SPD und Grünen zur Verfügung?
WESTERWELLE: Es wird mit der FDP nach der Bundestagswahl keine Ampel geben. Wir wollen das rot-grüne Desaster nach dem 18. September nicht verlängern, wir wollen und werden es mit einer neuen Mehrheit aus Union und FDP beenden.
Frage: Beunruhigt es Sie nicht, daß in Umfragen erstmals Schwarz-Gelb keine sichere Mehrheit mehr hat?
WESTERWELLE: Ich sage seit Monaten: Wir haben gute Chancen, aber das Rennen ist noch nicht gelaufen. Doch die Alternative zu Schwarz-Gelb lautet nicht etwa Große Koalition, sondern eine linke Mehrheit im Deutschen Bundestag. Denn wenn die SPD sich zwischen einer Juniorpartnerschaft mit der Union oder einer Seniorpartnerschaft mit Kanzleramt entscheiden kann, wird sie sich klar für das Linksbündnis und damit für die Macht entscheiden. Davon wollen führende Sozialdemokraten mit ihrer Diskussion über eine Große Koalition nur ablenken. Wer sich davon einlullen läßt, den kann man nur warnen: Wer von einer Großen Koalition träumt, wacht am Ende unter einer Linksregierung auf.
Frage: Die SPD-Führung schwört Stein und Bein, daß sie dazu die Hand nicht reichen wird.
WESTERWELLE: Ich glaube der SPD da kein Wort! Gäbe es eine linke Mehrheit im Bundestag, würde Kanzler Schröder unter Beifall und mit Rosen verabschiedet. Und an seiner Stelle wird dann vielleicht Herr Gabriel als Kanzler eines Linksbündnisses zur Verfügung stehen. Die SPD regiert ja in der Hauptstadt schon mit der PDS.
Frage: Was hieße das für Deutschland?
WESTERWELLE: Dann würde die Arbeitslosigkeit in den kommenden Jahren nicht halbiert, sondern verdoppelt.
Frage: Angela Merkel hat versichert, sie werde keine Koalition mit der SPD eingehen. Vertrauen Sie der CDU-Chefin?
WESTERWELLE: Ich vertraue dem klaren Bekenntnis von Angela Merkel zu Schwarz-Gelb ebenso wie den klaren Aussagen von Edmund Stoiber dazu. Und Angela Merkel und Edmund Stoiber wissen, daß sie sich umgekehrt auf die FDP und mich verlassen können. Wir wollen einen echten Neuanfang in Deutschland mit Schwarz-Gelb als einem Bündnis der wirtschaftlichen Vernunft für neue Arbeitsplätze.
Frage: Aber 55 Prozent der FPD-Anhänger sind angeblich mit Ihnen als Spitzenkandidaten unzufrieden.
WESTERWELLE: Seitdem ich zum FDP-Vorsitzenden gewählt wurde, hat die FDP die besten Wahlergebnisse erringen können seit der deutschen Einheit. Wir sind jetzt in dreimal so vielen Parlamenten vertreten wie vorher und wieder in fünf Landesregierungen dabei. Die Wähler vertrauen uns und meiner Arbeit offensichtlich mehr als manche Meinungsforscher.