31.03.2003FDP

WESTERWELLE-Gastbeitrag für "Offenburger Tageblatt"

Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE schrieb für das "Offenburger Tageblatt" (Sonnabend-Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

"Es ist besser, wir haben neue, zusätzliche Arbeitsplätze mit etwas weniger Kündigungsschutz als noch mehr Massenarbeitslosigkeit bei vollem Kündigungsschutz. Nicht derjenige zerstört den Sozialstaat, der ihn zeitgemäß umgestalten will, sondern derjenige, der sich der Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft verweigert. Den Zehntausenden neuen Arbeitslosen der letzten Monate hat das bestehende Kündigungsschutzgesetz nichts genützt. Aber viele dieser Arbeitslosen werden weiter ohne Stelle bleiben, wenn das bestehende Kündigungsschutzgesetz weiterhin Neueinstellungen verhindert. Ein Handwerksbetrieb lässt beim gegenwärtigen Kündigungsschutzgesetz lieber Überstunden machen, als dass dort bei guter Auftragslage auch nur eine zusätzliche Stelle geschaffen wird. Denn diese Stelle kann
derzeit bei schlechter Konjunktur nicht wieder zurückgeführt werden. Das bedeutet Kosten, die schlimmstenfalls die Existenz des ganzen Betriebs mit all seinen Arbeitsplätzen bedrohen. Nicht ohne Grund hat es im letzten Jahr fast 40.000 Unternehmenspleiten in Deutschland gegeben.

Damit keine Missverständnisse entstehen: Die FDP will den besonderen Kündigungsschutz nicht abschaffen. Unsere Kritik bezieht sich auf die Auswüchse, die die Schaffung neuer Arbeitsplätze verhindern. Unsere Vorschläge sollen Neueinstellungen wieder attraktiv machen.

Das Kündigungsschutzgesetz sollte erst für Betriebe mit mehr als 20 Mitarbeitern und erst nach einer zweijährigen Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers angewandt werden. Dann werden Nachfragespitzen vor allem in kleineren und mittleren Betrieben, in denen zwei Drittel aller Beschäftigten in Deutschland arbeiten, nicht mehr nur durch Überstunden ausgeglichen, sondern auch rasch neue Mitarbeiter eingestellt.

Die Gewerkschaftsfunktionäre hüten das jetzige Kündigungsschutzgesetz gegenüber den Reformern in der SPD wie ein Heiligtum, weil sie um ihren eigenen funktionärischen Einfluss
fürchten. Gegen diese Besitzstandswahrer setzen wir uns im Interesse der Arbeitsuchenden weiter zur Wehr.

Das, was der Bundeskanzler an marktwirtschaftlicher Erneuerung bislang angekündigt hat, ist zu wenig. Aber wenn der Bundeskanzler seinen ersten Worten wirksame Taten für neue Arbeitsplätze folgen lässt, kann er mit unserer Unterstützung im Deutschen Bundestag rechnen. Dass die Union sogar noch hinter den wenigen Reform-Ankündigungen zurück bleiben will, kann ich nur mit Kopfschütteln quittieren. Wir wollen eine radikale Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt. Ohne eine gründliche Reform des
Arbeitsmarktrechts werden keine neuen Arbeitsplätze entstehen."

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