StiftungDemokratie

Venezuelas Sozialisten von Wählern abgestraft

Venezuela
18.12.2015

Bei den jüngsten Parlamentswahlen in Venezuela erlitten die Sozialisten eine herbe Niederlage. Für "freiheit.org" analysiert Birgit Lamm, Regionalbüroleiterin der Stiftung für die Freiheit, Hintergründe und Auswirkungen. Die Wahlergebnisse seien die Quittung für die desolate Wirtschaftslage, hohe Kriminalität, ausufernde Korruption und Armut im Land, so Lamm. "Der zukünftige politische Kurs Venezuelas ist derzeit noch unklar. Sicher ist, dass er das Machtgefüge Lateinamerikas in Bewegung bringen wird", betont sie.

"Bei einer für Venezuela ungewöhnlich hohen Wahlbeteiligung von rund 74 Prozent gaben rund 55 Prozent der Wähler dem Oppositionsbündnis ihre Stimme, 40 Prozent entschieden sich für die Regierungsparteien", berichtet die Stiftungsexpertin. Nach dem Wahlrecht Venezuelas‚ das den Wahlsieger stark begünstigt, erlangte die Opposition damit Zweidrittel der Parlamentssitze. "Jetzt kann sie Verfassungsänderungen durchsetzen und die Regeln der Politik neu bestimmen", gibt Lamm zu bedenken.

In dem Oppositionsbündnis hatten sich sozialdemokratische, bürgerliche und konservative Parteien zusammengeschlossen, die zwar in ihrer Kritik an der Regierung einig seien, nicht aber in ihren politischen Ideen, erläutert Lamm. "Über viele Jahre konnten die Sozialisten ihre Macht auch deshalb behaupten, weil die Opposition zersplittert war. Viel werde jetzt davon abhängen, ob sie dazu fähig ist, gemeinsame politische Konzepte zu formulieren."

Machtverhältnisse in Bewegung

Eine weitere Frage sei, wie die Verwaltung des Landes auf den Machtverlust reagieren werde. In 16 Regierungsjahren hätten die Staatspräsidenten Hugo Chávez und Nicolás Maduro systematisch öffentliche Verwaltung, Sicherheitskräfte, Justiz und Medien unter ihre Kontrolle gebracht. "Dadurch haben sich die Sozialisten eine Machtbasis geschaffen, die die Umsetzung zukünftiger Reformbemühungen ernsthaft gefährden könnte", warnt die Stiftungsexpertin.

Der klare Wahlsieg der Opposition habe aber auch weit über die Grenzen des Landes hinaus seine Bedeutung. "Venezuela hatte unter dem Banner einer sozialistischen Politik systematisch seinen regionalen Einfluss in Südamerika ausgeweitet. Mit seinen Retro‐Dollars unterstützte Venezuela befreundete Regierungen wie Nicaragua, Ecuador und Bolivien. Als Moskau nach dem Zerfall der Sowjetunion als Hauptgeldgeber für das Regime in Kuba ausfiel, übernahm Venezuela diese Rolle", erinnert Lamm. Zu den offenen Fragen zählten eine mögliche Reduzierung der Finanzhilfen an Kuba durch das neue Parlament sowie die Reaktionen auf einen solchen Vorstoß von kubanischen Fachleuten in der venezolanischen Verwaltung. "Eine Reduzierung der Unterstützung für Kuba könnte wiederum die weitere Annäherung Kubas an die USA fördern", führt Lamm aus.

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