25.03.2003FDP-FraktionAußenpolitik

VAN ESSEN: Parlamentsrechte auch in Krisenzeiten wahren

BERLIN. Zu den Vorwürfen des Bundeskanzlers gegen die Opposition im Streit um die notwendige Mandatierung des AWACS-Einsatzes durch den Deutschen Bundestag erklärt der Parlamentarische Geschäftsführer Jörg VAN ESSEN:

Der FDP-Bundestagsfraktion ist die rechtliche Grundlage für den Einsatz deutscher Soldaten immer besonders wichtig gewesen. Dies ist der Grund für die Klage der FDP-Bundestagsfraktion gewesen, die zu der AWACS-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahre 1994 geführt hat. Nach Vorliegen der notwendigen ersten Erfahrungen mit Auslandseinsätzen hat eine Arbeitsgruppe der FDP-Bundestagsfraktion unter meiner Leitung in der letzten Legislatur-periode die Anforderungen an ein Entsendegesetz sorgfältig beraten und ihre Überlegungen in einem Antrag formuliert, der nach 1. Lesung an die zuständigen Bundestagsausschüsse überwiesen worden ist.
Wegen der Bedeutung dieser Frage hat die FDP-Bundestagsfraktion diesen Antrag als eine der ersten Initiativen in der neuen Legislaturperiode erneut in den Bundestag eingebracht. Nach der 1. Lesung am 6. November 2002 wurde er wieder an die Ausschüsse überwiesen. Nachdem Überlegungen der anderen Fraktionen bisher nicht bekannt gewesen sind, fordert die FDP-Bundestags-fraktion die anderen Fraktionen dringend auf, auch ihre Vorstellungen zu formulieren, damit das notwendige Entsendegesetz endlich auf den Weg gebracht werden kann. Nach den jetzigen Erfahrungen wäre es unverantwort-lich, die Verabschiedung eines Gesetzes zur Mitwirkung des Deutschen Bundestages bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr weiterhin dilatorisch zu behandeln. Hier stehen wir alle in der Pflicht, nicht zuletzt auch gegenüber dem Bundesverfassungsgericht, das in seiner ersten AWACS-Entscheidung die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung angemahnt hatte.
Die FDP bleibt ihrer Linie treu, dass der Einsatz militärischer Kräfte rechtlich streng reglementiert werden muß. Dies bezweckt auch der FDP-Antrag, den Bundestag mit der Mandatierung des AWACS-Einsatzes zu befassen. Der Einsatz militärischer Kräfte in Krisenzeiten ist eine so schwerwiegende Entscheidung, dass sich die Regierung vor ihrer Entscheidung der Mehrheit im Parlament sicher sein muß. Diese Sicherheit besteht bei dem konkreten Vorgang: Große Teile der Koalition und der Opposition haben angekündigt, einen möglichen Antrag der Bundesregierung unterstützen zu wollen.
Darum besteht auch nicht die Gefahr eines außenpolitischen Schadens. Sie besteht schon deshalb nicht, weil die Einhaltung der Verfassungsregeln in einer Allianz von Demokratien - wie der NATO - immer respektiert werden wird. Es droht aber außerordentlicher Schaden für die Rechte des Parlaments, wenn ein Einsatz, der offensichtlich auch nach Auffassung der beteiligten Soldaten in einer Kriegsregion über die Routine hinausgeht, ohne Mandat des Parlaments bleibt. Niemand kann klar machen, dass die Bundesregierung in der letzten Woche ein Mandat für den derzeitig völlig unproblematischen Einsatz in Mazedonien erbeten hat, den Antrag zum AWACS-Einsatz aber verweigert.

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