25.09.2005FDP-FraktionDatenschutz

VAN ESSEN: Erneut besorgniserregender Anstieg der Telefonüberwachung

BERLIN. Zu den heute von der Bundesregierung mitgeteilten Zahlen der Telefonüberwachungen für das Jahr 2004 erklärt der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion; Jörg VAN ESSEN:

Das Bundesministerium der Justiz hat mir auf meine Anfrage die aktuellen Zahlen aus dem Jahr 2004 zur Telefonüberwachung in Deutschland mitgeteilt.
Danach sind in den Bundesländern und im Geschäftsbereich des Generalbundesanwalts im vergangenen Jahr in 4712 Verfahren Überwachungsmaßnahmen angeordnet worden. Dies bedeutet gegenüber dem Vorjahr (4276 Verfahren) wieder einen beschleunigten Anstieg und erneut eine Zunahme um 10,1 Prozent. Die größte Verfahrenszunahme verzeichnet das Land Bayern mit einem Plus von 25,3 Prozent (663 Verfahren in 2003 auf 831 Verfahren in 2004), gefolgt von Sachsen mit einer Zunahme um 22,6 Prozent (190 Verfahren in 2003 auf 233 Verfahren in 2004) und Nordrhein-Westfalen mit einer Zunahme von 17,5 Prozent (421 Verfahren in 2003 auf 495 Verfahren in 2004). Die Entwicklung in Bayern ist in besonderer Weise erklärungsbedürftig, da hier bereits im letzten Jahr die Zunahme der Verfahren 17,9 Prozent von 562 in 2002 auf 663 in 2003 betrug. Erfreulich ist dagegen die Abnahme der Verfahren in den Ländern Berlin, Bremen und Thüringen. In Berlin hatte die FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus den hohen Anstieg im Jahr 2003 scharf kritisiert und entsprechende Initiativen eingebracht.
Der erneute Anstieg der Telefonüberwachungen ist besorgniserregend. Insbesondere die unterschiedlichen Entwicklungen in den verschiedenen Bundesländern sind erklärungsbedürftig. Ich fordere daher im besonderen die Landtage von Bayern, Sachsen und Nordrhein-Westfalen auf, sich mit dieser speziellen Entwicklung in ihren Ländern zu befassen und Folgerungen aus der Entwicklung zu ziehen. Aufgrund der weiter steigenden Telefonüberwachungen hält die FDP eine Verbesserung der parlamentarischen Kontrolle und der Berichterstattung an den Deutschen Bundestag und an die Landtage für unumgänglich. Einen entsprechenden Antrag hat die FDP bereits in der letzten Legislaturperiode in den Bundestag eingebracht.
In den mir übermittelten Statistiken wird auch die Anzahl der Betroffenen im Sinne des § 100 a Satz 2 StPO (Beschuldigte, Nachrichtenermittler, Inhaber der vom Beschuldigten genutzten Anschlüsse) erfasst, gegen die sich Überwachungsanordnungen richteten. Dies waren insgesamt 11857 im Jahr 2004 gegenüber 10439 Betroffenen im Vorjahr und damit eine Zunahme von 13,5 Prozent.
Das Bundesministerium der Justiz hat mir des weiteren übermittelt, aufgrund welcher einzelnen Katalogtat des § 100 a StPO die Überwachungen angeordnet wurden. Den Spitzenplatz nehmen mit weitem Abstand erneut Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz mit insgesamt 2963 Verfahren ein (2664 Verfahren im Vorjahr). Die zeitstärkste Straftatengruppe ist die des Raubes oder der räuberischen Erpressung mit 323 Verfahren in 2004 gegenüber 343 Verfahren in 2003. Gefolgt von Straftaten, die Mord, Totschlag und Völkermord betreffen (290 in 2004 im Vergleich zu 262 in 2003). Die Deliktgruppe nach dem Ausländer- sowie Asylverfahrensgesetz (277 in 2004 im Vergleich zu 260 in 2004) liegt mit einer Steigerung um 5 Prozent auf dem vierten Platz.

Bettina Lauer
Telefon: (030) 227-52378
pressestelle@fdp-bundestag.de

992-van_essen-telefonueberwachung_3.pdf

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