THEURER-Gastbeitrag: Zu blauäugig
Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied MICHAEL THEURER schrieb für das „Handelsblatt“ (Dienstag-Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:
Im US-Präsidentschaftswahlkampf erhob Donald Trump schwere Vorwürfe gegen China, die US-Wirtschaft zu schädigen. In Deutschland gewann mit der Übernahme des Robotik-Herstellers Kuka die Debatte über die Gefahr des Ausverkaufs deutscher Hochtechnologie kräftig an Fahrt. Auf Hinweise der US-Regierung hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel den Kauf des Maschinenbauers Aixtron durch chinesische Investoren auf der Grundlage des deutschen Außenwirtschaftsgesetzes auf Eis gelegt und gleichzeitig Verschärfungen der Rechtsgrundlage angekündigt.
Bevor in Berlin und anderen Hauptstädten Europas ein gesetzgeberischer Überbietungswettbewerb einsetzt, sollte die gesamte EU jetzt ein europäisches Außenwirtschaftsrecht schaffen, um so Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Hierbei gilt es, den Grat zwischen der Bewahrung offener Märkte einerseits und der Sicherung sicherheitspolitischer Interessen zu gehen. Ein Generalverdacht gegenüber ausländischen, auch chinesischen Investitionen ist nicht zielführend.
Herrschte früher die Furcht vor der Verlagerung von Produktionsstätten und Arbeitsplätzen sowie vor Preisdumping vor, rücken zunehmend der Abfluss von Hochtechnologie sowie geostrategische und sicherheitspolitische Interessen in den Fokus. Angesichts der wachsenden Sensibilität vertraulicher Datenflüsse ist es kein Zufall, dass die USA dem chinesischen Netzwerkbetreiber Huawei den Marktzutritt verwehren und damit den US-amerikanischen Anbieter Cisco schützen.
Ohne Protektionismus das Wort zu reden, ist ein realistischer Blick auf die Herausforderungen der EU durch den chinesischen Staatskapitalismus erforderlich. Es gibt Hinweise darauf, dass auch hinter privaten chinesischen Investoren oft staatliche Interessen stehen. Ohne Transparenz- und Informationspflichten, wie sie die USA gesetzlich verankert haben, lässt sich kaum erkennen, ob bei Chinas Auslandsinvestitionen im Rahmen der Finanzierung über Staatsbanken oder staatseigene Firmenkonglomerate Beihilfen gewährt werden. Die EU sollte zumindest den USA vergleichbare Informations- und Transparenzstandards einführen.
Ein weiteres Argument gegen nationale Alleingänge à la Gabriel und für eine EU-weite Rahmengesetzgebung ist, dass angesichts der Freiheit des Kapitalverkehrs im europäischen Binnenmarkt rein nationale Regeln leicht unterlaufen werden können. Dies zeigen die großzügigen Offerten einzelner Mitgliedstaaten wie Malta, Bulgarien und Zypern, ausländischen Investoren die Staatsbürgerschaft zu verleihen und damit den unbeschränkten Zugang zur gesamten EU zu eröffnen.