08.08.2018FDPFDP

STRACK-ZIMMERMANN-Gastbeitrag: Die Bundeswehr braucht Profis, keine Wehrpflichtigen

Die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann schrieb für „Focus Online“ (Mittwoch) den folgenden Gastbeitrag.

Was reitet die CDU jetzt, diesen Beschluss der seinerzeit schwarz-gelben Bundesregierung infrage zu stellen und wieder nach der Wehrpflicht zu rufen? Gepaart mit der Forderung, gleichzeitig eine allgemeine Dienstpflicht für alle jungen Menschen einzuführen?

Insbesondere Letzteres hat mit der Frage der Wehrpflicht rein gar nichts zu tun, sodass man sich nach dem Grund dieser Debatte fragen muss: Will die Union das Sommerloch populistisch füllen? Den weiterhin schwelenden unwürdigen Streit über die Flüchtlingspolitik zwischen Seehofer und Merkel medial beenden? Den schlechten Umfragewerten vor der Bayernwahl entkommen?

Vermutlich will sie schlichtweg davon ablenken, dass sie gemeinsam mit der SPD die Bundeswehr über viele Jahre kaputtgespart hat. Die Union wollte viel zu lange nicht wahrhaben, dass sich die Welt um Deutschland herum dramatisch zu verändern begann und sogar einst verlässliche Bündnisse anfingen zu bröckeln.

Sie hat nichts dagegen getan, dass das Gerät der Bundeswehr immer mehr verkommt, Flugzeuge und Hubschrauber nicht abheben, Fregatten und U-Boote auf dem Trockenen liegen, Soldatinnen und Soldaten sich Teile ihrer Ausrüstung im Adventureladen privat kaufen müssen und die Beschaffung von Großgerät völlig ineffizient organisiert ist.

Hätte die CDU einfach das aktuelle Weißbuch gelesen, das die eigene Ministerin verantwortet, und dem Wehrbeauftragten zugehört: Neben den Einsätzen im Ausland muss Deutschland in der Lage sein, das eigene Land sowie das europäische bzw. transatlantische Bündnis zu verteidigen.

Deutschland kann nicht mehr allein darauf bauen, dass andere Länder uns im Krisenfall schon verteidigen werden. Deutschland muss mehr Geld in die Hand nehmen und dieses gezielt einsetzen, damit unsere Soldaten professionell und zeitgemäß ausgerüstet und entsprechend ausgebildet werden können, damit Gerät angeschafft wird, das dann auch funktioniert.

Die Herausforderungen sind dabei heute ganz andere als noch vor Jahren: Das militärische Gerät ist technisch anspruchsvoller, das digitale Zeitalter hat auch die Bundeswehr erreicht. Gefahren drohen nicht mehr nur aus der Luft, vom Boden oder vom Meer, sondern auch aus dem World Wide Web. Potentielle Gegner nutzen den Cyberraum als strategisches Kommunikationsmittel und als Angriffsfläche.

Um all diesen Herausforderungen begegnen zu können, brauchen wir Profis und keine Wehrpflichtigen. Sie sind für die Bundeswehr mehr Last als Nutzen. Abgesehen davon, dass zuletzt von Wehrgerechtigkeit überhaupt keine Rede mehr sein konnte. Nur noch ein Bruchteil der Jahrgänge wurde eingezogen.

Selbstverständlich darf sich die Bundeswehr als hoch spezialisierte Armee nie von der Gesellschaft entkoppeln. Genauso wenig dürfen wir uns als Gesellschaft von unseren Soldaten abwenden, die für uns ihren Kopf hinhalten. Sie sind als Parlamentsarmee Teil unseres Staates und verdienen höchstmöglichen Respekt und Rückhalt für ihren Einsatz.

Diese Debatte bringt die Bundeswehr also nicht voran, sie ist stattdessen ein reines Ablenkungsmanöver und schadet ihr. Und die Generalsekretärin sollte ganz zügig das Lasso rausholen, um diejenigen wieder einzufangen, die den Bürgern tatsächlich weismachen wollen, dass die Schwierigkeiten im Aufbau einer modernen Armee mit einer erneuten Wehrpflicht gelöst werden könnten.

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