10.01.2015FDPFDP

STEINER-Interview: Ich halte nichts von Wutbürgertum

Berlin. Die FDP-Spitzenkandidatin für die Bremer Bürgerschaftswahl LENCKE STEINER gab dem „Weser Kurier“ (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte SILKE HELLWIG:

Frage: Frau Steiner, Sie saßen beim Dreikönigstreffen der FDP prominent auf der Bühne. Wie haben Sie das Treffen empfunden?

STEINER: Auf jeden Fall waren die Lust zu einem Neuanfang und die Aufbruchsstimmung zu spüren. Die Oper war brechend voll und alles andere als eine Pflichtveranstaltung. Es gab große Zustimmung zu den Inhalten und zu dem neuen Auftritt. Ich habe die Veranstaltung in ganz euphorischer Stimmung verlassen, und ich glaube, so ging es auch vielen anderen.

Frage: Waren Sie denn schon mal bei einem FDP-Dreikönigstreffen?

STEINER: Nein, das war das erste Mal.

Frage: Dann fehlen Ihnen Vergleichswerte, sozusagen.

STEINER: Ich war natürlich schon auf Parteitagen, auch der Jungen Union und der Jusos. Aber auch ohne direkten Vergleich kann ich sicher sagen, dass die Stimmung in Stuttgart schon sehr gut und voller Zuversicht war.

Frage: Allerdings bleibt den Liberalen auch nicht viel mehr übrig als eine Flucht nach vorne.

STEINER: Ich glaube schon, dass der FDP die eigenen Fehler sehr bewusst sind und dass alle daraus gelernt haben. Parteichef Christian Lindner hat das ja auch ganz klar gesagt. Ich bin auch fest davon überzeugt, dass die Politik der großen Koalition immer deutlicher werden lässt, dass wir eine liberale Stimme brauchen.

Frage: Wie und was hat die FDP aus ihren Fehlern gelernt?

STEINER: Ich kann das eigentlich nicht beurteilen, ich habe den gesamten Diskussionsprozess nicht so intensiv begleiten können. Ich habe mich erst im November dazu entschieden, Spitzenkandidatin in Bremen zu werden.

Frage: Wegen der anstehenden Wahlen in Hamburg und Bremen wurden Sie und Ihre Hamburger Kollegin Katja Suding mit großer Aufmerksamkeit bedacht. Das erhöht den Druck auf Sie, den Neuanfang auch Wirklichkeit werden zu lassen – als Abgeordnete der Bremischen Bürgerschaft.

STEINER: Für eine Partei, die eigentlich totgesagt worden ist, aber mit dem Dreikönigstag einen guten Start hinlegt, ist natürlich jede Wahl wichtig. Aber man darf sich von einem möglichen Wahlverlust nicht so verunsichern lassen, dass man jede weitere Wahl schon als verloren ansieht. Ich empfinde das also nicht als Druck oder besondere Belastung. Ich fühle mich verantwortlich, sicher, aber die FDP ist nicht verloren, wenn die Wahlergebnisse in Hamburg oder Bremen nicht so sein sollten, wie wir es uns wünschen.

Frage: Andere würden sagen, dass die FDP-Spitzenkandidatur in Bremen vor allem eines kostet: Mut. 2011 bekam die FDP 2,4 Prozent der Stimmen – das schlechteste Ergebnis überhaupt.

STEINER: Ich bin optimistisch, sonst würde ich das nicht machen, ganz klar. Außerdem halte ich nichts von Stammtischpolitik und Wutbürgertum. Wer wirklich etwas bewegen will, muss Flagge zeigen und bereit sein, sich aktiv einzumischen. Und ich will etwas bewegen.

Frage: Optimismus ist gut, reicht aber nicht.

STEINER: Das stimmt. Aber ich bin mir sicher, dass wir Wähler erreichen können, vor allem die, die politikmüde sind. Davon gibt es in Bremen meinem Eindruck nach eine ganze Menge. Vor allem möchte ich jüngere Menschen ansprechen. Ich möchte, dass Politik nicht mehr als ein abgehobenes, abstraktes Hobby von Berufspolitikern angesehen wird, sondern dass wir ganz konkret zeigen, was Entscheidungen für jeden Einzelnen bedeuten.

Frage: Sie gelten als Überraschungskandidatin und sind kein FDP-Mitglied. Das wird es nicht einfacher machen.

STEINER: Ich glaube, es kann eine große Chance sein, dass jemand wie ich von außen kommt und die Dinge mal anders angeht. Und was die Mitgliedschaft betrifft: Es ist nicht ausgeschlossen, dass ich FDP-Mitglied werde. Vielen Menschen fällt es mittlerweile schwer, eine Partei zu wählen, weil sie das Vertrauen verloren haben – ob zu Recht oder Unrecht. Ich möchte für die Themen gewählt werden, für die ich stehe. Und diese Themen vertreten die Liberalen.

Frage: Wäre ich FDP-Funktionär, würde mir das gar nicht gefallen.

STEINER: Bislang habe ich damit in der FDP keine Probleme. Im Gegenteil, ich werde unterstützt, die Mitgliedschaft wird nicht zur Bedingung für irgendetwas gemacht. Und ansonsten bekomme ich dafür eher Zuspruch. Ich bin ja auch Bundesvorsitzende der Jungen Unternehmer und möchte in dieser Funktion unabhängig bleiben.

Frage: Naja, FDP-Mitglieder werden ja nun nicht geächtet.

STEINER: Natürlich nicht. Aber ich glaube, dass eine Mitgliedschaft keine zwingende Voraussetzung ist, um gute Arbeit für eine Partei zu leisten. Es gab und gibt eine Reihe von parteilosen Ministern, warum soll eine Spitzenkandidatin nicht auch parteilos sein?

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