09.01.2015FDPArbeit

STEINER-Gastbeitrag: Wie der Mindestlohn flexibles Arbeiten zerstört

Berlin. Die FDP-Spitzenkandidatin für die Bremer Bürgerschaftswahl LENCKE STEINER schrieb für die „Huffington Post“ den folgenden Gastbeitrag:

Wer hätte das gedacht: Der Mindestlohn sorgt für ein neues Jobwunder in Deutschland! Zumindest in den Abteilungen der Unternehmen, die für die Arbeitszeitkontrolle zuständig sind und beim Zoll, der das alles wiederum überwachen soll.

Der Grund dafür ist die „Mindestlohndokumentationspflichten-Einschränkungs-Verordnung“: 60 Buchstaben, die dem Bürokratie-Wahnsinn in Deutschland einen neuen Namen geben. Doch damit nicht genug: Der Mindestlohn bedeutet auch den Abschied von familienfreundlichen Arbeitszeitmodellen und vom guten alten Praktikum. Flexible Arbeit war gestern. Prima gemacht, liebe Groko!

Seit dem Inkrafttreten des Mindestlohns zum 01. Januar 2015 müssen in neun großen Branchen – u.a. im Bau-, Logistik-, Gebäudereinigungs-, Schausteller-, Gaststätten- und Hotelgewerbe – sowie bei allen Mini-Jobbern Beginn, Umfang und Ende der täglichen Arbeitsdauer akribisch erfasst und für ganze zwei Jahre archiviert werden. Und das nicht nur für Personengruppen, die den Mindestlohn neu erhalten, der gerechnet auf eine 40-Stunden-Woche bei rund 1.470 Euro brutto im Monat liegt.

Nein, die Dokumentationspflicht gilt in diesen Fällen auch für Millionen Durchschnittsverdiener mit einem monatlichen Brutto-Einkommen von bis zu 3.000 Euro. Diese übertriebene Dokumentationspflicht kostet richtig Geld, das dann gerade kleineren und mittleren Unternehmen für Investitionen und Neueinstellungen fehlt, und produziert nichts außer Papier- und Datenberge. Freuen tut dies vor allem die Hersteller von Stechuhren.

Abgesehen von den enormen Bürokratie- und zusätzlichen Lohn-Kosten für die Wirtschaft – der Normenkontrollrat taxiert sie auf 9,7 Milliarden Euro pro Jahr – benachteiligt der Mindestlohn diejenigen, die auf flexible Arbeitszeitmodelle angewiesen sind.

Vertrauensarbeitszeit oder Homeoffice, beides sehr beliebt bei Eltern und Menschen, die viel unterwegs sind, werden künftig schwieriger umzusetzen und in vielen Fällen wohl nicht mehr angeboten werden können. Die tatsächliche Arbeitszeit lässt sich bei diesen flexiblen Modellen nämlich nur schwer minutengenau feststellen.

Mit dem vollmundigen Ziel der GroKo, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu schaffen, hat das nicht mehr viel zu tun. Haben Familienministerin Schwesig und Arbeitsministerin Nahles darüber schon einmal nachgedacht? Ich vergaß, sie verdienen ja deutlich mehr als 3.000 Euro im Monat.

Einen Grund zur Freude haben übrigens nicht nur Stechuhrenhersteller. Denn 1.600 zusätzliche Zoll-Beamte sollen zukünftig die Einhaltung der neuen Dokumentationspflichten und der korrekten Lohnzahlung kontrollieren.

Auch vom guten alten Praktikum heißt es in diesen Tagen Abschied nehmen. Dabei sind Praktika in einer modernen Arbeitswelt wichtig, weil junge Menschen für eine bestimmte Zeit Berufserfahrung sammeln, ihre Ausbildung ergänzen und sich beruflich orientieren können.

Für die Unternehmen bringen Praktikanten im Gegenzug frischen Wind und neue Ideen. All das ist wichtig für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Doch damit ist jetzt Schluss, zumindest wenn das Gastspiel länger als drei Monate dauert. Der Mindestlohn ist in diesem Fall nämlich ebenfalls zu zahlen. Pro Vollzeit-Praktikanten fallen somit besagte 1.470 Euro brutto im Monat an.

Für große Konzerne, die über ein entsprechendes Personalbudget verfügen, ist das vielleicht kein Problem. Für die Mehrzahl der mittelständischen Firmen und die innovative Startup-Szene jedoch schon. Für sie wird der Mindestlohn zum Praktikums- und letztlich auch zum Wachstumskiller. Damit macht die Berliner Koalition ihrem Namen mal wieder alle Ehre: GroKo = Große Unvernunft!

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