SOLMS: Steinbrücks Eröffnung enttäuschend
BERLIN. Zur Grundsatzrede von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück erklärt der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Hermann Otto SOLMS:
Die erste größere Rede von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück enthält Licht und Schatten, ist aber insgesamt enttäuschend. Seine Analyse ist zutreffend:
1. Etwa 20 Prozent des jährlichen Bundeshaushaltes, rund 50 Milliarden Euro, sind nicht durch Einnahmen gedeckt.
2. Die Ansprüche an den Staat sind hoch und steigen weiter.
3. Die Struktur und das Belastungsniveau unseres Steuersystems treiben Unternehmen scharenweise ins Ausland; sie zahlen hier immer weniger Steuern.
Auch den grundsätzlichen Überlegungen für eine Therapie kann man noch folgen:
1. "Die Situation der öffentlichen Haushalte lässt es nicht mehr zu, einen vornehmlich konsumtiv, auf Alimentation ausgerichteten Sozialstaat weiterhin im bisherigen Volumen zu finanzieren."
2. "Die demografische Entwicklung und die Erosion sozialversicherungs-pflichtiger Beschäftigungsverhältnisse untergraben die Finanzierbarkeit der sozialen Sicherungssysteme."
3. "Das erste Ziel muss mehr denn je werden, den Einzelnen zur Teilnahme und Teilhabe auf den Märkten zu befähigen."
Um so überraschender sind die konkreten Vorschläge des Bundesfinanzministers. Sie gehen nämlich in die entgegengesetzte Richtung:
Der Staat soll weiterhin stark bleiben. Das hohe Niveau staatlicher Leistungen möchte er beibehalten. Die überbordenden Staatsausgaben will er nicht beschneiden. Im Gegenteil, durch das so genannte "Wachstumspaket" sollen die staatlichen Ausgaben um weitere 25 Milliarden Euro steigen. Konjunkturpolitisch ist dieses Programm bereits
heute zum Scheitern verurteilt. Die Bundesregierung verzettelt sich mit vielen kleinen Maßnahmen, die sie auch noch über einen Zeitraum von vier Jahren verteilt. Ihre Wirkung dürfte verpuffen, da im gleichen Zeitraum Kaufkraft in Höhe von - einschließlich Privatisierungen - 150 Milliarden Euro abgeschöpft wird.
Steuerentlastungen für die Unternehmen soll es nicht geben, die staatlichen Einnahmen sollen durch die Anhebung der Mehrwertsteuer, der Einkommensteuer und der Versicherungsteuer in Höhe von mehr als 110 Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren sogar noch weiter steigen. Der Bundesfinanzminister trägt nur die nationale Brille. Er nimmt nicht zur Kenntnis, dass die Globalisierung uns zwingt, gerade die Steuerbelastung unserer Unternehmen auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau zu senken.
Faktisch bedeuten die Vorschläge des Bundesfinanzministers, dass eine angesichts der demografischen Entwicklung abnehmende Zahl von Steuer- und Abgabenzahlern das hohe Niveau staatlicher Leistungen finanzieren soll - mit für sie steigender Belastung. Es ist schleierhaft, wie man vor diesem Hintergrund auf dauerhaftes Wachstum hoffen kann.
Peer Steinbrück kündigt für die Große Koalition ein enttäuschendes "weiter so" an. Die Politik der ehemaligen rot-grünen Bundesregierung mit einem in alle Bereich von Gesellschaft und Wirtschaft hineinregulierenden Staat und einer hohen Steuer- und Abgabenbelastung soll offenbar fortgesetzt werden. Die von der Bundeskanzlerin Angela Merkel angekündigte Politik der kleinen Schritte scheint auf eine Verwaltung der Mangelwirtschaft hinauszulaufen. Die FDP lehnt das entschieden ab.
Nur eine Absenkung der hohen Steuer- und Abgabenbelastung in Deutschland lässt Bürgern und Unternehmen mehr Spielraum für Konsum und Investitionen. Erst dann wird Wachstumsdynamik entstehen, die zu mehr Arbeitsplätzen und damit zu mehr Steuer- und Beitragseinnahmen führt und letztlich die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte ermöglicht. Der Staat muss stark sein, aber schlank. Er muss optimale Rahmenbedingungen für Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen schaffen, mehr aber nicht. Aktuell bedeutet das, dass der Staat seine Ausgaben kürzen muss - auch im Sozialbereich. Dabei darf es keine allgemeinen Leistungskürzungen geben. Die Leistungen müssen aber auf die wirklich Bedürftigen konzentriert werden. Zusätzlich muss es mehr Effizienz in der Sozialverwaltung geben. Bürger und Unternehmen erhalten so mehr Freiheit, können aber auch mehr Eigenverantwortung übernehmen.
Knut Steinhäuser
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