SOLMS: Haushalt 2006: Diesem Anfang wohnt kein Zauber inne
Berlin. Zu dem vom Bundeskabinett verabschiedeten Entwurf zum Bundeshaushalt 2006 und dem Haushaltsbegleitgesetz erklärt der steuer- und finanzpolitische Sprecher der FDP, DR. HERMANN OTTO SOLMS:
"Der von der Regierung MERKEL auf Vorschlag von Finanzminister PEER STEINBRÜCK beschlossene Haushaltsentwurf und das Haushaltsbegleitgesetz sind eine einzige finanzpolitische Bankrotterklärung. Die Neuverschuldung übersteigt sogar noch den letzen Haushalt von HANS EICHEL um 7 Milliarden Euro und den Ansatz aus der mittelfristigen Finanzplanung für 2006 um 16 Milliarden Euro. Es ist dreist und unehrlich gegenüber den Bürgern, dies als Erfolg und Neuanfang verkaufen zu wollen. Statt dessen bleibt alles wie gehabt: Noch mehr Schulden und keine Korrektur bei der ungezügelten Ausgabensteigerung. Geschönt werden soll die katastrophale Situation durch als Haushaltsentlastung titulierte Steuererhöhungen bei der Mehrwertsteuer und der Versicherungsteuer. Damit werden alle Anstrengungen zur Verbesserung des Wirtschaftswachstum und zur Ankurbelung der Binnenkonjunktur zunichte gemacht. Mittelfristig verschlechtern sich die Aussichten für mehr Beschäftigung und nachhaltige Haushaltskonsolidierung dramatisch. Die Zeche werden unsere Kinder und Enkel bezahlen.
Die FDP wehrt sich im Namen der Bürger gegen diese unsolide und unsoziale Politik und erklärt die Landtagswahlen am 26. März zu einer Volksabstimmung gegen die Mehrwertsteuererhöhung.
1. Der Bundeshaushalt 2006 ist vorsätzlich verfassungswidrig und setzt den planvollen Verfassungsbruch der letzten vier Jahre fort. Angesichts einer konjunkturellen Erholung und eines erwartenen Wirtschaftswachstums von 1,4%- 2% kann der Verfassungsbruch auch nicht mit einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts gerechtfertigt werden.
2. Die Bundesregierung legt zum fünften Mal und in voller Absicht einen stabilitätswidrigen Haushalt vor, obwohl bei ohnehin steigenden Steuereinnahmen die Lücke durch entschlossene Sparanstrengungen ohne weiteres zu schließen wäre. Es entsteht der Eindruck, dass sich die Bundesregierung nicht selbst die Rechtfertigungsgrundlage für die Mehrwertsteuererhöhung aus der Hand schlagen will.
3. Trotz vollmundiger Sparversprechungen steigen die Bundesausgaben von 2006 bis 2009 um 13,6 Milliarden Euro auf 275,3 Milliarden Euro an. Von einem Sparhaushalt kann keine Rede sein.
4. Das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts hat die Bundesregierung völlig aus den Augen verloren. Selbst in den Folgejahren bis 2009 verharrt die mittelfristige Finanzplanung bei einer Neuverschuldung von über 20 Miliarden Euro. Die Schuldenlast, die unsere Kinder und Enkel zu tragen haben, steigt weiter an.
5. Der Investitionsverfall findet in der mittelfristigen Finanzplanung seine Fortsetzung. Die Investitonsquote sinkt von 8,9 % auf 8,5 % im Jahr 2009.
6. Die skandalösen Steuer- und Abgabenerhöhungen im Haushaltsbegleitgesetz und in anderen Gesetzen sind unsozial und führen zu einer Kaufkraftabschöpfung und zu Mehrbelastungen von mindestens 115 Milliarden Euro. Dazu kommen noch 20 Milliarden, weil in diesem Jahr die Sozialabgaben für einen Monat zusätzlich abgeführt werden müssen. Wie angesichts der ohnehin knappen Kassen bei den Bürgern ein binnenwirtschaftliches Wachstum erreicht werden soll, bleibt das große Geheimnis von Minister STEINBRÜCK und der Bundesregierung.
7. Durch die drastischen Steuererhöhungen werden die Gewerkschaften gezwungen, zum Ausgleich erhöhte Lohnforderungen zu stellen. Damit wird eine Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt, die einen inflationären Prozess auslösen wird.
Mit dem Haushaltsentwurf 2006 liegt ein eindeutiger Verfassungsverstoß durch die Große Koalition vor. Zu bezweifeln ist, dass mit der Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung des Artikel 115 Grundgesetz und der erhöhten Kreditaufnahme die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts abgewendet werden kann. Schwarz-Rot wird nicht darlegen können, wieso gerade im Jahr 2006 mit der gleichen Begründung der Vorjahre die Arbeitslosenzahlen sinken sollten. Seit 2003 sind die Arbeitslosenzahlen trotz höherer Schulden weiter gestiegen.
Eine Neuverschuldung von 38,3 Milliarden Euro ist ein Armutszeugnis und keine Erfolgsstory. Obwohl die Steuereinnahmen steigen, liegt die Neuverschuldung im Jahr 2006 um 7 Milliarden Euro höher als beim Haushaltsabschluss 2005. Gegenüber der mittelfristigen Finanzplanung, die eine Neuverschuldung von 21,7 Milliarden Euro vorgesehen hatte, steigt die Verschuldung sogar um 16,5 Milliarden Euro.
Es besteht ein eklatantes Missverhältnis zwischen der Schuldenreduzierung und den Steuereinnahmen. Im Zeitraum von 2006 - 2009 soll die Neuverschuldung um 18,3 Milliarden Euro sinken, die Steuereinnahmen steigen jedoch um 35,7 Milliarden Euro.
Der Haushaltsentwurf 2006 und die mittelfristige Finanzplanung setzen weiterhin auf Ausgabensteigerungen statt auf Ausgabenminderungen. Gegenüber der mittelfristigen Finanzplanung steigen die Gesamtausgaben von 253,6 Milliarden Euro um 8,1 Milliarden Euro auf 261,7 Milliarden Euro. Damit setzt sich die ungünstige strukturelle Entwicklung der Ausgaben auch mit dem Haushaltsentwurf 2006 fort.
Der Anteil der Investitionen an den Gesamtausgaben hingegen nimmt in der mittelfristigen Finanzplanung weiter ab. So sinkt die Investitionsquote von 8,9 % auf 8,5 % im Jahr 2009. Was unter Rot-Grün angefangen hat, findet unter Schwarz-Rot seine unrühmliche Fortsetzung. Im Jahr 1998 lag die Investitionsquote noch bei 12,5 %, die Investitionen lagen mit 29,2 Milliarden Euro um 6 Milliarden Euro über den heutigen Investitionen. Union und SPD verkennen offensichtlich, dass Investitionen wichtige Schlüsselfaktoren für die konjunkturelle Entwicklung und die Arbeitsmarktsituation sowie die private Wirtschaftstätigkeit sind.
Der Umfang der Konsolidierung im kommenden Jahr ist unzulänglich. Die Große Koalition sollte ihre Ausgabenpolitik überdenken und verstärkt Sparanstrengungen unternehmen, um nach vier Jahren endlich das Staatsdefizit in den 3 Prozent-Grenzen zu halten. Dies ist möglich! Schwarz-Rot unterlässt jedoch bewusst die möglichen und notwendigen Sparanstrengungen von 6 bis 7 Milliarden Euro, um sich selbst nicht die Rechtfertigungsgrundlage für die Mehrwertsteuererhöhung zu entziehen.
Die FDP sagt Ja zum Sparen, aber Nein zur Mehrwertsteuererhöhung. Der Weg der Konsolidierung muss über die Ausgabenseite und nicht über die Einnahmenseite erfolgen. Statt sparen und reformieren heißt es bei Schwarz-Rot: Abkassieren des Bürgers.
Aus FDP-Sicht ist der tiefere ökonomische Sinn nicht zu erkennen, warum im Jahr 2006 die Konjunktur mit neuen Krediten und einem Ausgabenprogramm angekurbelt werden soll, um ein Jahr später mit dem größten Steuererhöhungsprogramm der deutschen Geschichte dieses wiederum zu konterkarieren.
Die von der Bundesregierung geplanten Maßnahmen wie die 3-prozentige Erhöhung der Mehrwert- und Versicherungsteuer, die Einführung der so genannten Reichensteuer, aber auch der Abbau einer Vielzahl von Steuervergünstigungen spülen den öffentlichen Kassen mehr als 115 Milliarden Euro im Zeitraum 2006 bis 2009 in die Kassen. Dieser Kaufkraftverlust der Bürger wird ab 2007 die ökonomische Entwicklung in Deutschland maßgeblich schwächen.
Das von der Großen Koalition angeführte Argument, Wachstumsimpulse mit einem 25 Milliarden Euro-Ausgabenprogramm setzen und den Aufschwung gleichzeitig nicht kaputtsparen zu wollen, greift nicht und ist eine irreführende Leerformel.
- Sie suggeriert, ein Wirtschaftsaufschwung kann nur durch staatliche Ausgabenprogramme erreicht werden, während die Haushaltskonsolidierung hingegen einen wirtschaftlichen Abschwung verursacht.
- Sie ist zudem gefährlich, weil auf diese Art und Weise jede Finanzpolitik gerechtfertigt werden kann, die eine Erhöhung der Staatsverschuldung zum Inhalt hat.
Geradezu abenteuerlich ist die Finanzierung der Genshagener Beschlüsse. Mehr als die Hälfte des 25 Milliarden Euro teuren Programms sollen durch einmalige Privatisierungserlöse finanziert werden. Dem Wachstumsprogramm fehlt die Einbettung in eine glaubwürdige haushaltspolitische Strategie. Stattdessen stellt sich die Große Koalition einen Freibrief für einen verfassungswidrigen Haushalt und die Verletzung der Maastricht-Kriterien aus."