31.10.2014FDPWirtschaft

SOLMS-Gastbeitrag: Breite Mitte wird schamlos geschröpft

Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied DR. HERMANN OTTO SOLMS schrieb für „Focus Online“ den folgenden Gastbeitrag:

Schwarze wie Rote lullen die Menschen in Deutschland ein mit ihren üppigen Wahlgeschenken, wohlklingenden Versprechen und finanziellen Verlockungen. Die Arbeitslosenquote ist gering, die Steuereinnahmen sprudeln, der Wachstumsmotor läuft.

Vor diesem Hintergrund haben Union und SPD leichtsinnig massenhaft Geld ausgegeben. Ob Mindestlohn, Rente mit 63 oder Mütterrente – die große Koalition lobt sich selbst überschwänglich ob der vielen gönnerhaften Beglückungen für die Bürger.

Dass dabei die Staatsausgaben massiv steigen oder der Rentenbeitrag nicht abgesenkt wurde, wird billigend in Kauf genommen. Dass die kalte Progression nicht abgeschafft werden kann, weil das Rentenpaket zig Milliarden Euro kostet, ist ebenso falsch. Dass all das zu Lasten der arbeitenden und besonders zu Lasten der jungen Menschen geht – naja, einer muss ja zahlen.

Diese rücksichtslose Umverteilung von unten nach oben muss ein Ende haben. Der großen Koalition geht es nicht um Wohlstand für alle oder um die breite Mitte in Deutschland. Die bleibt auf der Strecke und wird schamlos geschröpft.

Es wird in keiner Weise überprüft, welche Auswirkungen und Folgen Beschlüsse wie das Rentenpaket oder der Mindestlohn haben. Um noch mehr Steuergelder zu verteilen, greift die große Koalition in den Wettbewerb ein und schafft dadurch immer mehr Ungerechtigkeiten, die wiederum durch Korrekturen teuer bezahlt werden müssen.

Man kann aber nur das Geld ausgeben, das man vorher erwirtschaftet hat. Etwas, was die große Koalition nicht zu begreifen scheint.

Wie geht es weiter mit dem großen Umverteilen, wenn die Konjunktur abflaut, die Steuereinnahmen zurückgehen, die Arbeitslosigkeit steigt – wie es erste Prognosen bereits voraussagen?

Wer den Wohlstand unserer Bürger und unseres Landes erhalten und sichern will, müsste jetzt die Entscheidungen dafür treffen. Heute müssten Anreize für Investitionen gesetzt werden, damit die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft auch in zehn Jahren mit sechs Millionen weniger Fachkräften erhalten werden kann.

Wir bräuchten mehr Investitionen von Wirtschaft und privaten Haushalten, aber ebenso vom Staat – um Bildung und Infrastruktur zu verbessern. Statt das Geld wie beim Rentenpaket zu verteilen, und damit dem Investitionsprozess zu entziehen.

Noch sind die öffentlichen Kassen prall gefüllt. Vor dem Hintergrund der sprudelnden Einnahmen ist es die Pflicht der Bundesregierung, die schleichende Enteignung der Leistungsträger unserer Gesellschaft endlich zu beenden.

Doch anstatt zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen, werden die Kassen immer weiter geöffnet. Deutschland wird darüber hinaus immer mehr zum Sozialamt für Europa. Das zeigt das jüngste Urteil des Bundessozialgerichts über Hartz IV für im Ausland lebende Kinder.

Die Ausgestaltung der Sozialsysteme sowie die Arbeitspolitik ist aber Sache der Nationalstaaten und nicht Gegenstand der europäischen Politik. Grenzüberschreitende Sozialpolitik ist in den europäischen Verträgen nicht vorgesehen.

Doch das wird immer weiter aufgeweicht, auch durch Gerichte. Richter maßen sich an, ein Recht zu entwickeln, das weit über das Gewollte hinausgeht.

Diese Unvernunft, ohne Gegenleistung möglichst viele Wohltaten zu gewähren, kann der Steuerzahler kaum noch mit seiner Arbeit und seinen Leistungen bewältigen.

Anstatt die Menschen zu entlasten, die Abgaben zu senken und damit die Leistungsbereitschaft der Bürger zu stärken, tut die große Koalition leider bislang das Gegenteil. Für diese politischen Versäumnisse werden wir alle teuer bezahlen müssen.

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