15.07.2013FDPWirtschaftspolitik

RÖSLER-Interview für die "Mittelbayerische Zeitung"

Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende Bundeswirtschaftsminister DR. PHILIPP RÖSLER gab der "Mittelbayerischen Zeitung" (Montag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte REINHARD ZWEIGLER: Frage: Herr Rösler, Ihre Partei dümpelt bei gefährlichen vier Prozent herum. Es droht das Aus für den Bundestag. Bleiben Sie dann Vorsitzender der außerparlamentarischen Oppositionspartei? RÖSLER: Diese Frage stellt sich nicht. Es geht vielmehr darum, ob wir wieder in Regierungsverantwortung kommen oder nicht. Die vergangenen vier Jahre waren gut für unser Land. Um unsere guten Zahlen auf dem Arbeitsmarkt oder beim Wirtschaftswachstum werden wir international beneidet. Diesen Weg wollen wir weitergehen. Frage: Aber warum ist dann der Ruf von Schwarz-Gelb so schlecht? RÖSLER: Moment mal, in Umfragen liegt Schwarz-Gelb mit Rot-Rot-Grün gleichauf, in manchen sogar knapp vorn. Bis zum 22. September werden wir noch zulegen. Frage: Davon spürt man im Land aber nichts. RÖSLER: Der Wahlkampf fängt jetzt erst richtig an. Wir setzen unsere Themen. Nur die FDP steht dafür, dass der Staat keine neuen Schulden macht. Und wir verhindern, dass Steuern erhöht werden, nur weil SPD und Grüne damit die Schulden anderer Länder in Europa bezahlen wollen. Frage: Also doch schon Wahlkampfmodus. Wozu werden die Liberalen in Deutschland überhaupt noch gebraucht? Die Euro-Rettung ist Sache der Kanzlerin, beim Datenschutz sind die Piraten vorn und für Euro-Skeptiker gibt es die Allianz für Deutschland. RÖSLER: Wir sind keine Euro-Skeptiker, sondern verfolgen einen klaren Kurs von Konsolidierung und Wachstum zur Stabilisierung des Euro. Und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat als Justizministerin beim Datenschutz Enormes geleistet. Ohne ihr Beharren gäbe es die Vorratsdatenspeicherung längst. Sie hat den Piraten im wahrsten Sinne des Wortes den Wind aus den Segeln genommen. Frage: Nimmt die FDP in Kauf, dass es in Krisenländern wie Griechenland, Spanien, Portugal zu 50, 60 Prozent Jugendarbeitslosigkeit und zu massenhafter Verarmung kommt? RÖSLER: Im Gegenteil, wir haben ein Programm gegen Jugendarbeitslosigkeit mit Schwerpunkt auf Südeuropa im Umfang von acht Milliarden Euro aufgelegt. Außerdem haben wir mit unseren spanischen Partnern ein 800-Millionen-Kreditprogramm der Aufbaubank KfW auf den Weg gebracht, das kleinen und mittelständischen Unternehmen aus der Kreditklemme helfen wird. Frage: Teilen Sie in diesem Zusammenhang die Sorge der deutschen Sparkassen, die im Zuge der EU-Bankenunion nicht für Fehler haften wollen, die andere gemacht haben? RÖSLER: Ich lege großen Wert auf die Feststellung, dass die deutschen Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken nicht einmal im Ansatz für die Finanzkrise sowie die Schuldenkrise verantwortlich sind. Dass der deutsche Mittelstand so erfolgreich und stabil ist, hat auch mit einem funktionierenden regionalen Bankensystem zu tun. Das darf man nun nicht durch zu viel europäische Kontrolle und Bürokratie aufs Spiel setzen. Die Bundesregierung steht voll hinter unseren Volksbanken und Sparkassen. Frage: Geht die schwarz-gelbe Hörigkeit der FDP so weit, dass sie eine Ampel nach der Bundestagswahl per Beschluss ablehnen? RÖSLER: Der Spitzenkandidat Rainer Brüderle und ich als Parteivorsitzender - wir haben eine Ampel klar ausgeschlossen. Sie ginge schon von den Inhalten her nicht. Rot-Grün will 60 Milliarden neue Steuern abkassieren, wir stehen für solides Haushalten und werden das Drehen an der Steuerschraube verhindern. Frage: Gilt Ihre abgrundtiefe Ablehnung auch für ein Jamaika-Bündnis, das nach der Wahl vielleicht auch möglich wäre? RÖSLER: Auch das geht überhaupt nicht. Nicht nur, weil die Grünen eine Partei der Steuererhöhungen sind, sondern weil sie auch eine Partei der Bevormundung sind. Das meistgebrauchte Wort im grünen Wahlprogramm lautet: müssen. Mit Freiheit hat das nichts zu tun. Frage: Dann bleibt doch fast nur die große Koalition, die auch die Blockade im Bundesrat überwinden könnte. Viel Spaß auf den Oppositionsbänken. RÖSLER: Rührend, wie Sie sich um uns Sorgen machen. Im Bundesrat gibt es nur mit den Linken eine rot-rot-grüne Mehrheit. Ohne die Linke läuft da nichts. Das zeigt, SPD-Chef Sigmar Gabriel würde auch im Bund mit den Linken regieren, wenn das die SPD an die Macht bringen würde. Und vergessen Sie nicht, es war eine große Koalition, die die Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte erhöht und damit ein Wahlversprechen gebrochen hat. Frage: Glauben Sie Angela Merkel nicht, dass sie das Versprechen, keine Steuern zu erhöhen, halten wird? RÖSLER: Eine Versicherung gegen Steuererhöhungen gibt es nur mit der FDP. Frage: Was ist eigentlich aus der 2009 versprochenen großen Entlastung für die Bürger geworden? RÖSLER: Die Bürger insgesamt haben durch Senkung von Steuern und Sozialabgaben heute 22 Milliarden Euro mehr zur Verfügung als 2009. Frage: Wovon das meiste Kindergeld ist, wozu das Bundesverfassungsgericht verpflichtet hat. RÖSLER: Nicht nur, wir haben auch die Erbschaftssteuer reduziert, die kalte Progression gemildert und die Sozialbeiträge gesenkt. Unser Ziel ist umgesetzt. Aber natürlich hätten wir gern noch mehr Entlastung erreicht. Das wurde leider im Bundesrat durch Rot-Grün verhindert. Frage: Reicht es beim NSA-Überwachungsskandal eigentlich aus, dass die Kanzlerin mit Obama telefoniert, dass der Innenminister nach Washington fährt und dass die Justizministerin Briefe an ihre Amtskollegen in den USA und Großbritannien schreibt? Möglicherweise gab es sogar Fälle von Industriespionage? RÖSLER: Es ist klar, dass die USA die Vorwürfe der Datenspionage aufklären müssen. Deshalb ist es gut, dass dieses Thema neben den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen aktuell besprochen wird. Datenschutz und Datensicherheit werden auch bei den Verhandlungen eine große Rolle spielen. Wir werden uns für ein hohes Datenschutzniveau einsetzen. Ich bin froh, dass die Verhandlungen jetzt begonnen haben. Frage: Bedeutet das Freihandelsabkommen auch, dann kommen Gen-Mais und Hormon-Fleisch aus den USA auf europäische Tische? RÖSLER: Nein, das heißt es nicht. Wir haben hohe Standards in der Lebensmittelsicherheit. Darauf legen wir großen Wert und diese werden wir auch erhalten. In der Debatte werden oft zwei Dinge verwechselt. Es geht nicht um eine Harmonisierung oder Nivellierung von Standards. Wir wollen vielmehr, dass in Europa erlaubte Produkte nicht noch zusätzlich in den USA zugelassen werden müssen. Das wäre ein großer Fortschritt. Das Freihandelsabkommen ist eine Riesenchance für beiden Seiten des Atlantiks, für Verbraucher und Unternehmen.

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