FDPInnere Sicherheit

Patriotismus statt Parolen

GrundgesetzDie Freidemokarten warnen davor, die Ängste der Bürger vor Anschlägen zu instrumentalisieren
20.01.2015

Nach den islamistischen Terroranschlägen in Paris hat der FDP-Vorsitzende Christian Lindner von den Muslimen in Deutschland ein Bekenntnis zum Grundgesetz eingefordert. Für ihn ist zugleich die Debatte über die Vorratsdatenspeicherung die falsche Reaktion auf die Anschläge. Die ritualisierte Debatte um die anlasslose Vorratsdatenspeicherung sei Aktionismus. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger unterstreicht in einem Gastbeitrag für das „Handelsblatt“: „Es ist die Stunde eines gelebten Verfassungspatriotismus und nicht die dumpfer, völkisch-nationalistischer Parolen.“

"Wir erwarten und schätzen es, wenn Muslime in unseren Reihen sich aktiv darum bemühen, für unsere Verfassung zu werben", sagte Lindner am Sonntag beim Neujahrsempfang der NRW-FDP in Düsseldorf. "Wir dürfen von den Muslimen in unserem Land erwarten, dass sie sich energisch gegen Extremisten in ihren Reihen zur Wehr setzen", betonte Lindner vor rund 1.000 Gästen. Dies sei Integrationskultur. Eine unangemessene Reaktion sei dagegen die aktuelle Debatte, für vermeintliche Sicherheit Grundrechte der Bürger einzuschränken und die Vorratsdatenspeicherung einzuführen. "Das ist ein plumper und pietätloser Versuch, aus Terroranschlägen politisches Kapital zu schlagen", kritisierte Lindner.

Anlass- und verdachtslose Überwachung ist nicht zulässig

Das findet auch die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Sie wirft Sicherheitspolitikern von Union und SPD vor, die angespannte Lage nach den Terrorattacken von Paris ausnutzen zu wollen. "Die Diskussion über die Vorratsdatenspeicherung ist ein erprobtes Mittel, die Ängste der Bürger vor Anschlägen zu instrumentalisieren", sagte die FDP-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur.

In der bis 2013 amtierenden schwarz-gelben Koalition hatte Leutheusser-Schnarrenberger eine Wiedereinführung der Speicherung von Handy- und Internetverbindungsdaten zur Terrorabwehr blockiert - und sich viele Auseinandersetzungen mit der Union geliefert. Sie sieht auch nach Paris keinen Grund, eine andere Haltung einzunehmen. "Schwarz-rote Sicherheitspolitiker wollen nun ihre Agenda durchsetzen, obwohl anlass- und verdachtslose Überwachung seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs nicht mehr zulässig ist",  meinte sie. Das gelte auch für eine pauschale Verwertung aller Flugpassagierdaten. "Statt den Bundesjustizminister zu beschädigen, sollte die Polizei so viel Personal bekommen, wie sie zur Überwachung Verdächtiger braucht", betonte die Freidemokratin.

Es gibt ein engmaschiges Sicherheitssystem in Deutschland

Im "Handelsblatt" schrieb sie:  "Für die strafrechtliche Repression gibt es seit der Antiterrorgesetzgebung nach 9 / 11 ein engmaschiges Sicherheitssystem in Deutschland. Über kleinere Nachjustierungen hinaus besteht kein Gesetzgebungsbedarf. Die ritualisierte Debatte um die anlasslose, flächendeckende Speicherung aller Telekommunikationsdaten auf Vorrat ist Aktionismus." Ihrer Ansicht nach wird jetzt eine effektive Präventionspolitik gebraucht, die sich mit den „vielfältigen Ursachen der Radikalisierung und Bereitschaft zur unvorstellbaren Brutalität“ befasst. Dazu gehörten selbstverständlich leistungsfähige, personell und finanziell entsprechend ausgestattete Exit-Programme.

Sie mahnt: „Es ist die Stunde eines gelebten Verfassungspatriotismus und nicht die dumpfer, völkisch-nationalistischer Parolen. Verfassungspatriotismus muss Bildungsziel sein, um die unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung und ihren Institutionen zugrundeliegenden Wertentscheidungen vermitteln zu können und begreifbar zu machen.“

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