24.07.2013FDPEntwicklungszusammenarbeit

NIEBEL-Namensartikel für die Zeitschrift "Unser Wald"

Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied Bundesentwicklungsminister DIRK NIEBEL schrieb für "Unser Wald" (aktuelle Ausgabe) den folgenden Namensartikel:

Verantwortung für grenzüberschreitende Wasserressourcen

"Neue Eiszeit am Nil" - so titelte eine deutsche Tageszeitung im Juni. Äthiopien baut einen Staudamm am Blauen Nil, Ägypten fürchtet um seine Wasserversorgung. Grenzüberschreitende Gewässer haben immer wieder Anlass für Streit und Missstimmung gegeben: Am Mekong, an Euphrat und Tigris oder am Kaspischen Meer. Grenzüberschreitende Gewässer sind aber aus demselben Grund auch Anlass, Vertrauen und Abstimmung durch Kooperation zu schaffen.

Von den insgesamt 19 Ländern im Einzugsgebiet der Donau haben sich 14 Staaten und die EU-Kommission in der Internationalen Kommission zum Schutz der Donau (IKSD) zusammengeschlossen. Gemeinsam setzen sie sich für den grenzüberschreitenden Schutz, die nachhaltige Nutzung der Donau und ihrer Nebenflüsse sowie den dazugehörigen Lebensräumen ein. Die IKSD erarbeitet Vorschläge zum Gewässerschutz und entwickelt Strategien zu Hochwasserschutz und -Vorsorge und zur Vorsorge und Bekämpfung von Unfällen mit wassergefährdenden Stoffen. Die IKSD ist damit ein Vorbild für das gemeinsame Management grenzüberschreitender Flüsse.

Weltweit haben 145 Nationen Anteile an Fluss- und Seegebieten, die in mehr als einem Staat liegen. 60 Prozent des weltweiten Frischwasseraufkommens findet sich in solchen grenzüberschreitenden Gebieten. Zwei von fünf Menschen leben in einem derartigen Gebiet. Mit der Ausrufung eines "Internationalen Jahres der Wasserkooperation" durch die Vereinten Nationen richtet sich im Jahr 2013 die internationale Aufmerksamkeit auf die Fragen, wie Staaten grenzüberschreitende Flüsse und Seen gemeinsam effektiv bewirtschaften und schützen können.

Wasser ist für den Menschen eine nicht zu ersetzende Ressource. Die Versorgung mit gesundheitlich unbedenklichem Wasser sowie eine sichere Abwasserentsorgung zählen zu den menschlichen Grundbedürfnissen. Wasser in ausreichender Menge und Qualität ist essentiell für die Trinkwasserversorgung, die Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion, Energieerzeugung oder Sicherung von Ökosystemen. Durch Bevölkerungswachstum, fortschreitende Industrialisierung und Urbanisierung verschmutzt und verknappt diese lebenswichtige Ressource vielerorts. Der fortschreitende Klimawandel wirkt sich zusätzlich meist negativ auf die Wasserressourcen aus.

Politisch muss daher entschieden werden, wie man mit dieser Knappheitssituation umgeht. Besonders herausfordernd ist diese Entscheidung, wenn viele Menschen von der Wasserquelle abhängen sowie unterschiedliche Verwaltungen und Staaten betroffen sind. In solchen Fällen bedarf es eines koordinierten gemeinsamen Vorgehens durch die Akteure und der Abstimmung der Nutzungen. Ziel sollte es sein, gemeinsame Managementstrukturen aufzubauen, um die Vielzahl der berechtigten Ansprüche in Einklang zu bringen. Die Etablierung solcher Strukturen stellt - trotz der augenscheinlichen Notwendigkeit - in Entwicklungsländern häufig eine große Herausforderung dar. Wasserwirtschaftliche Verwaltungsstrukturen existieren bisher nur vereinzelt. Der Aufbau gemeinsamer Institutionen erfordert viel Zeit und Fingerspitzengefühl zur Vertrauensbildung zwischen den Anrainerstaaten.

Die Bundesregierung fördert seit vielen Jahren die Zusammenarbeit in grenzüberschreitenden Flussgebieten. Sie unterstützt regionale Kooperationsansätze und internationale Flussgebietskommissionen in mehr als 15 grenzüberschreitenden Einzugsgebieten weltweit. Ein Schwerpunkt des deutschen Engagements liegt in Afrika, insbesondere in den Einzugsgebieten des Nigers, des Tschadsees, des Kongos und des Nils. Ein besonderer Förderschwerpunkt besteht mit der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrikas (Southern African Development Community, SADC). Dieser regionale Staatenbund hat sich der gemeinsamen Bewirtschaftung bedeutsamer, teils sehr knapper und gefährdeter Wasserressourcen verpflichtet.

Die Früchte des deutschen Engagements zeigen sich bereits heute: Wasserressourcen werden abgestimmt bewirtschaftet und erste gemeinsame Projekte im grenzüberschreitenden Wassermanagement in der gesamten Region umgesetzt. Durch diese Ansätze wird langfristig eine nachhaltige Sicherung der dortigen Wasserressourcen möglich sein.

Im Einzugsgebiet des Limpopo Flusses beispielsweise liegen die Staaten Südafrika, Botswana, Mosambik und Simbabwe. Die genannten Staaten haben sich in der Limcom, einer regionalen Flussgebietsorganisation zusammengeschlossen. Deutschland unterstützt den Organisationsaufbau dieser Kommission durch maßgeschneiderte Trainings und die Förderung eines gemeinsamen Wissens- und Informationsmanagements. Eines der wichtigsten Ziele der Limcom ist die Ausarbeitung von Managementplänen zur Nutzung des Wassers des Limpopo Flussgebiets. In diesen wird festgelegt, wer, wann, wo, wie viel Wasser aus dem Fluss und seinen Zuflüssen entnehmen darf und wozu dieses genutzt werden kann.

Daneben möchte man den Wissensaustausch zwischen Vertretern unterschiedlicher Flussgebietskommissionen fördern. Die IKSD tauscht sich beispielsweise regelmäßig mit der ORASECOM, der Orange-Senqu Kommission, einem Fluss in der SADC-Region aus. Aktuell stehen die Anpassung an den Klimawandel sowie die Verknüpfung des Wasserressourcenmanagements mit anderen wasserabhängigen Sektoren, wie Landwirtschaft, Energieversorgung und Schifffahrt ganz oben auf der gemeinsamen Agenda.

Wasserkooperation hat viele Dimensionen: sie kann stattfinden zwischen Ländern, unterschiedlichen Verwaltungsebenen, unterschiedlichen Sektoren und Akteuren, sogar über Kontinente hinweg. Daneben schafft die Wasserkooperation die Grundlage, damit die knappe Ressource Wasser bestmöglich zur Befriedigung der Ansprüche aller genutzt werden kann. Durch grenzüberschreitende Wasserkooperation können gemeinsame Gewässersysteme langfristig als Lebensgrundlage gesichert werden. Schließlich: Vertrauen, das durch die grenzüberschreitende Wasserkooperation aufgebaut wird, kann sich dauerhaft positiv auf die Beziehungen zwischen den Staaten auch in anderen Feldern auswirken. In diesem Sinne sind die notwendigen Wasserkooperationen Pionierbereiche für Kooperationen in anderen Feldern. Aus diesen Gründen fordert und fördert das BMZ Wasserkooperationen und leistet damit auch einen Beitrag zur Friedenssicherung.

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