FDPMigrations-Gipfel in Paris

Migrations-Gipfel: Gemeinsam gegen Schlepperbanden

Gestrandetes Flüchtlingsboot auf KretaMigrations-Gipfel hat über die Mittelmeer-Route beraten
29.08.2017

Die Flüchtlingspolitik ist wieder auf der Agenda: Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien haben am Montag mit afrikanischen Ländern über die Eindämmung von Fluchtbewegungen nach Europa beraten. Kritik an der Kanzlerin kommt von Alexander Graf Lambsdorff, Vizepräsident des EU-Parlaments: Auf der Mittelmeer-Route habe Merkel nichts vorzuweisen. Die Initiative des französischen Präsidenten wiederum, auch mit den Herkunfts- und den Transitländern der Flüchtlinge zu reden, sei der richtige Ansatz, sagte er im ZDF-Morgenmagazin. FDP-Chef Christian Lindner plädiert dafür, die Mittelmeerroute zu schließen, menschliche Zustände in libyschen Flüchtlingslagern zu gewährleisten und die Kapazitäten der Küstenwache sowie von Frontex zu stärken.

Lindner zeigte sich beeindruckt vom Tatendurst des französischen Präsidenten Macron: "Solch einen Geist wünsche ich mir auch in Deutschland. Ein Beispiel: Die Mittelmeerroute zu schließen und stattdessen die Menschen in Nordafrika würdig unterzubringen, um ihnen eine Antragstellung dort zu erlauben, ist eine Initiative Macrons, die ich auch von Deutschland erwartet hätte", so Lindner im Interview mit der Magdeburger Volksstimme. Merkel sei die Forderung nach einer Schließung der Mittelmeerroute "noch nicht einmal über die Lippen gekommen". Er befürchtet, dass sie wieder zu spät reagiert. "Sie stand voriges Jahr auch erst auf der Bremse, als die Balkanroute geschlossen wurde."

Brutalste Gewalt beenden

Dass Macron "die wirklich großen und wichtigen Länder der Europäischen Union und auch die europäische Außenministerin Mogherini zusammen mit den Afrikanern" versammle, bedeutet für Lambsdorff: "Man versucht nicht, wie manche das sagen, das Mittelmeer einfach abzuriegeln und den Rest zu vergessen. Sondern man schaut wirklich von Nord nach Süd, was muss wo getan werden." Lambsdorff geht es in erster Linie um das Problem mit den Lagern in Libyen, in denen Folter, Vergewaltigung und schwerste Menschenrechtsverletzungen drohen: "Das ist ganz, ganz dramatisch, was da passiert. Denn zurzeit werden diese Lager von wem betrieben? Natürlich von den Schlepperbanden", beschreibt Lambsdorff die Lage. "Das ist brutalste Gewalt. Und die zu beenden, das muss auch ein Ziel dieser Maßnahmen sein", sagt Lambsdorff mit Blick auf die geplante Abschlusserklärung des Vierer-Gipfels. Seiner Ansicht nach sollten Flüchtlingslager unter UN-Aufsicht in Libyen Ziel der Beratungen sein. "Ich würde mir sehr wünschen, dass Emmanuel Macron, Frau Merkel und die anderen das auch in die Abschluss-Erklärung rein schreiben", sagte Lambsdorff im SWR.

Auffanglager unter UN-Verwaltung menschenwürdig gestalten

Eine der zentralen Forderungen der Freien Demokraten lautet in dem Zusammenhang, die Flüchtlinge unter Aufsicht des UN-Flüchtlingshilfswerkes in Aufnahmeeinrichtungen unterzubringen. FDP-Chef Christian Lindner hatte zuvor im Deutschlandfunk unterstrichen: "Die Aufgabe ist in Nordafrika – und insbesondere in Libyen – die Auffanglager menschenwürdig zu gestalten im Gespräch mit den regionalen Autoritäten und auch mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen. Herr Macron hat signalisiert, dass Frankreich sich in dieser Frage stärker engagieren will als bisher. Das Angebot muss man annehmen, auch und gerade im Interesse der Menschen, die auch mit falschen Erwartungen sich in die Boote der Schlepper begeben und in Lebensgefahr geraten."

Lambsdorff ergänzt nun, dass "wir selbstverständlich die Politik zur Bekämpfung von Fluchtursachen deutlich verbessern müssen - aber wir dürfen die Augen nicht vor den aktuellen Problemen im Mittelmeer verschließen." Seiner Ansicht nach müssen auch die EU-Außengrenzen stärker abgesichert werden - durch einen europäischen Grenzschutz: "Eine echte europäische Grenzschutzbehörde - die als Institution mit dem Europäischen Gerichtshof oder der Europäischen Zentralbank vergleichbar wäre - braucht eigene Beamte, eigene Finanzen, eigenes Gerät, eigenes Recht und als Kontrollinstanz das Europäische Parlament." Frontex erfülle diese Aufgabe nicht. Denn: "Letztlich ist Frontex auf die Beamten angewiesen, die abgeordnet werden. Das heißt: Es sind die nationalen Regierungen, die versagen - Frontex scheitert an den nationalen Egoismen, das ist das Problem."

Echte europäische Solidarität entwickeln

Nationale Egoismen sind auch das Problem bei der Verteilungsfrage der Flüchtlinge: "Ich glaube, die entscheidende Frage ist, dass wir in Europa aufhören sollten, mit den Fingern aufeinander zu zeigen." Italien und Griechenland hätten völlig zu Recht über Jahre mit dem Finger auf Deutschland gezeigt, weil sich Union und SPD geweigert haben, das Dublin-System zu reformieren, während Grüne und FDP klar gesagt haben, dass es in der Krise kollabieren würde. "Und genau so ist es ja gekommen. Wenn wir die ganze Zeit nur mit Schuldzuweisungen operieren in Europa, kommen wir nicht vom Fleck. Wir müssen strategische Geduld und wir müssen dann echte europäische Solidarität entwickeln."

Effektiver Schutz der EU-Außengrenzen

Im Wahlprogramm der FDP heißt es dazu: "Wir Freie Demokraten wollen einen effektiven Schutz der EU-Außengrenzen. Nur so können wir wirksam kontrollieren, wer in die EU einreist und gleichzeitig die Grenzen zwischen den EU-Mitgliedstaaten offenhalten. Die Grenzagentur FRONTEX soll von der jetzigen zwischenstaatlichen Struktur zu einem echten europäischen Grenzschutz mit eigener Handlungsbefugnis und Kontrolle durch das Europäische Parlament ausgebaut werden."

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