27.04.2015FDP

LINDNER/GYSI/HOFREITER-Interview: Drei gegen die Groko

Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende CHRISTIAN LINDNER, der Vorsitzende der Linken-Bundestagsfraktion GREGOR GYSI und der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion DR. ANTON HOFREITER gaben der „Bild“ (Montag-Ausgabe) und „Bild.de“ das folgende Interview. Die Fragen stellte ERNST ELITZ:

Frage: Die Koalition macht es sich im Kanzleramt bequem, die Opposition sitzt an der frischen Luft. Herr Gysi, Herr Hofreiter, Herr Lindner – frustriert, dass die große Politik ohne Sie gemacht wird...?

GYSI: Das stimmt doch nicht! Aufgabe der Opposition ist es, die Regierung zu treiben. Und das klappt doch ganz gut.

HOFREITER: Union und SPD machen es sich auf dem Regierungssofa zu bequem. Und wenn einer Skandale aufdeckt – siehe BND – dann wir.

LINDNER: Moment! Eine richtige Opposition gibt es doch gar nicht. Im Bundestag gibt es keine Partei, die nicht abkassieren und überwachen will, sondern für die Freiheit kämpft.

Frage: Die Groko hat den Mindestlohn eingeführt. Da müßten Sie jetzt doch Merkel-Fan sein, Herr Hofreiter...?

HOFREITER: Die Einführung des Mindestlohnes war richtig. Aber peinlich ist doch, dass jetzt schon wieder über Ausnahmen geredet wird.

GYSI: Seh’ ich auch so. Im übrigen: So schnell werde ich nicht zum Merkel-Fan!

LINDNER: Wieder Einspruch! Der Mindestlohn ist so ein Beispiel, wo die Regierung immer mehr Bürokratie schafft. Jetzt sollen sogar bewaffnete Zollbeamte Verkäuferinnen kontrollieren.

GYSI: Ein Gesetz ist überall dort notwendig, wo Schwache gegen die starken Interessen der Wirtschaft geschützt werden müssen.

Frage: Mehr Einigkeit gibt es zwischen Ihnen sicher beim Thema Bekämpfung des Flüchtlingselends. Oder?

LINDNER: Es war ein schlimmer Fehler, das Rettungsprogramm Mare Nostrum im Mittelmeer zu beenden. Jetzt stehen die Regierungen Europas vor dem Scherbenhaufen ihrer Politik.

HOFREITER:...und reden, reden, reden – ohne dass die richtigen Entscheidungen fallen. Wir brauchen eine konzentrierte Seenotrettung im gesamten Mittelmeer! Denn da sterben täglich Menschen.

GYSI: Es ist ein unwürdiges Schauspiel, das Europa da abgibt. Die Menschen müssen gerettet werden – und alle EU-Länder müssen sie aufnehmen.

Frage: Stichwort Europa: Wie lange sollen wir noch für Griechenland zahlen?

GYSI: Griechenland braucht einen Wiederaufbau – und keinen weiteren Abbau. Den hat auch der rigide Sparkurs ausgelöst, den Europa den Griechen aufgezwungen hat.

LINDNER: Unsinn! Die Griechen müssen verstehen, dass sie im Euro nur eine Zukunft haben, wenn es echte Reformen gibt. Es kann doch nicht sein, dass wir die Wahlversprechen von Herr Tsipras bezahlen...

HOFREITER: Das ist AfD-Rhetorik. Griechenland braucht zwar Reformen – aber die richtigen! Die bisherigen Reformen haben das Land immer noch ärmer gemacht.

Frage: Wann ist bei uns endlich mal wieder Geld für eine Steuersenkung da?

LINDNER: Der Staat schwimmt in Geld – und er profitiert von den niedrigen Zinsen, unter denen die Sparer leiden. Deshalb: Steuern runter, Soli weg...

HOFREITER: Das habe ich von der FDP doch schon mal gehört. Wir haben kaputte Straßen, marode Brücken und Schulen. Wichtiger als Steuersenkungen sind Investitionen vor allem in die Infrastruktur unserer Städte.

GYSI: Wir wollen die Steuern vor allem für mittlere Einkommen senken – und dafür den Spitzensteuersatz für hohe Einkommen erhöhen. Wenn der Finanzminister immer nur seinen schuldenfreien Haushalt sieht, dann sage ich: er hat ein sexuell-erotisches Verhältnis zur schwarzen Null...

Frage: Wieder keine Einigkeit in der Opposition. Wie steht es beim Betreuungsgeld, das Schwarz-Gelb ein eingeführt hat und das vermutlich vom Bundesverfassungsgericht gekippt wird?

HOFREITER: Abschaffen.

GYSI: Abschaffen.

LINDNER: ...unsere Idee war das damals nicht.

Frage: Wenn Angela Merkel 2017 wieder die Wahl gewinnt – was wird aus Links, Gelb, Grün...?

GYSI: Eine Wechselstimmung gibt es jedenfalls noch nicht. Ob es für andere Mehrheiten reicht – wer weiß...?

LINDNER: Hauptsache, die Sozialdemokratisierung findet ein Ende. Das geht nur mit uns, würde aber selbst mit der Union schwer...

HOFREITER: Manches ist denkbar – von Rot-Rot-Grün bis Schwarz-Grün. Entscheidend ist, wo mehr Grün drin ist.

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