LINDNER-Interview: Mit der FDP gibt es kein Fahrverbot
Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner gab der „Bild“ (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten Karina Mößbauer und Ralf Schuler:
Frage: Haben Sie schon mit Özdemir angestoßen?
Lindner: Ich trinke Orange-Karotte, Özdemir Apfel-Karotte. Die Stimmung ist menschlich kollegial. Politisch sind wir weit entfernt. Die Chance liegt nach wie vor bei 50:50.
Frage: Sie sind sich also nach zwei Wochen Sondierungen keinen Prozentpunkt nähergekommen?
Lindner: So ist es. Momentan werden Themen sortiert. Erst ganz am Ende gibt es Klarheit.
Frage: Würden Sie Neuwahlen in Kauf nehmen?
Lindner: Darüber spekuliere ich nicht. Wir wollen eine Regierung, die etwas bewegt. Wenn das nicht möglich ist, geht die FDP in die Opposition.
Frage: Beim Thema Verkehr stehen noch immer Fahrverbote für Diesel-Pkw im Raum. Müssen Diesel-Fahrer weiter zittern?
Lindner: Mit der FDP wird es keine Fahrverbote geben. Schon vor der Wahl haben wir gesagt, dass Diesel-Fahrer nicht geschädigt werden dürfen. Durch Elektrifizierung und Digitalisierung, zum Beispiel intelligente Verkehrsleitsysteme, kann man den Verkehr ökologischer machen. Da die Luft schon so gut ist, sollten wir uns notfalls bei noch strengeren EU-Grenzwerten mehr Zeit lassen.
Frage: Außerdem wollen die Grünen bis 2030 ein Ende des Verbrennungsmotors...
Lindner: Das ist bislang nicht ernsthaft vorgetragen worden. Diesen Realismus begrüße ich.
Frage: Die CSU will sich beim Thema Migration keinen Millimeter bewegen. Wie realistisch ist da eine Einigung?
Lindner: Auf die Standhaftigkeit der Union hoffe ich. Der neue Kompromiss von CDU und CSU entspricht weitgehend dem, was wir seit Monaten sagen. Allerdings muss es für qualifizierte Zuwanderer in einem Einwanderungsgesetz weniger Bürokratie geben, für sonstige Migration mehr Kontrolle. Der Familiennachzug muss ausgesetzt bleiben, weil wir in Schulen und beim Wohnen an der Grenze sind. Die Position der Grünen ist in der Bevölkerung nicht mehrheitsfähig und ein Konjunkturprogramm für die AfD.
Frage: Wie geht der Streit um den Ausstieg aus der Kohle-Förderung aus?
Lindner: Die Union hat den Ausstieg aus der Kohle öffentlich ausgeschlossen.
Frage: Also kein Kohle-Strom-Aus?
Lindner: Die Grünen müssen erklären, wie der Kohleausstieg in Deutschland funktionieren soll, ohne dass die Energie unsicher und teuer wird und wir unser Industrieland mit Strom aus Frankreich und Polen versorgen müssen. Eine Politik, die für das Weltklima nichts bringt, aber Arbeitsplätze kostet, könnten wir nicht unterstützen.