03.10.2013FDPInnenpolitik

Lindner-Interview für „Passauer Neue Presse“

Berlin. Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende CHRISTIAN LINDNER gab der „Passauer Neue Presse“ (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte RASMUS BUCHSTEINER:

 

Frage: Bei der Bundestagswahl wurde die FDP abgestraft und in die außerparlamentarische Opposition geschickt. Jetzt kandidieren Sie für den Parteivorsitz. Warum tun Sie sich das an?

LINDNER: Weil mir etwas an der Partei und meinen Überzeugungen liegt. Die Wählerinnen und Wähler haben uns einen politischen Neuanfang verordnet. Sie fragen uns: Wofür steht Ihr? Deutschland braucht eine Partei mit ökonomischer Weitsicht und gesellschaftlicher Liberalität. Das ist das Profil der FDP. Wenn wir uns jetzt seriös und solide erneuern, wird wieder Vertrauen wachsen. Ich will dafür kämpfen, dass die Parlamentspause eine Episode bleibt.

Frage: Der scheidende Parteichef Philipp Rösler sagt, die FDP sei bei der Bundestagswahl "bewusst abgewählt" worden. Teilen Sie die Analyse?

LINDNER: Ich habe in den Tagen seit der Bundestagswahl hunderte Zuschriften erhalten. Darin hieß es oft: Wir haben Euch trotz einer Nähe dieses Mal bewusst nicht gewählt, um einen wirklichen Neuanfang zu erzwingen. Das ist erschütternd. Aber es liegt darin auch eine Chance. Die FDP hat in ihrem Regierungshandeln nicht überzeugt, aber die liberale Idee ist attraktiv. Mir geht es jetzt darum, die Partei zusammen mit unseren Mitgliedern aufzurichten und neue Unterstützer einzuladen, beim Neustart mitzumachen.

Frage: Häme, Spott, Schadenfreude - wie sehr haben Sie die Reaktionen auf das Scheitern der FDP getroffen?

LINDNER: Damit muss man in der Politik umgehen können. Vielleicht hat die FDP auch selbst Anlässe dazu geboten? In der Woche vor der Bundestagswahl waren wir jedenfalls nicht richtig in der Spur.

Frage: Sie sind Parteivize - warum haben Sie sich nicht lautstark gegen die missglückte Zweitstimmenkampagne gewehrt?

LINDNER: Bestimmte Formeln habe ich schlicht nicht verwendet. Als eigenständige Kraft sollte die FDP für ihre Überzeugungen stehen und nicht dafür werben, dass Personen aus anderen Parteien etwas werden.

Frage: Haben Angela Merkel und die Union mit ihrer scharfen Reaktion auf die Zweitstimmenkampagne die FDP ins offene Messer laufen lassen?

LINDNER: Eine Partei, die für Eigenverantwortung steht, kann nicht die Schuld bei anderen suchen. Eine Partei, die Opel Staatshilfen verweigert hat, kann nicht um Leihstimmen von irgendjemandem werben. Wir stellen uns also unseren eigenen Fehlern.

Frage: Muss sich die neue FDP für Bündnisse mit SPD und Grünen öffnen, nachdem sich die Treue zur Union nicht ausgezahlt hat?

LINDNER: Es wäre oberflächlich und taktisch, anderen nach links oder rechts hinterher zu laufen. Die FDP muss für sich neu definieren, welche Antworten sie auf drängende Herausforderungen gibt. Wir treten für eine faire Wirtschaftsordnung ein, die nicht die Rücksichtslosen, sondern die Fleißigen belohnt. Die FDP steht für den Schutz der Privatsphäre vor Datenschnüffelei der Geheimdienste und für Vielfalt und Toleranz in der Gesellschaft. Wir wollen dazu eine Koalition mit den Bürgerinnen und Bürgern.

Frage: Eine Große Koalition ist weiterhin das Lieblingsbündnis der Deutschen: Warum sollte Schwarz-Rot denn schlecht fürs Land sein?

LINDNER: Wir warten ab. Ich befürchte, dass in einer Großen Koalition die Steuererhöhungspläne der SPD mit den Mehrausgaben der Union kombiniert werden. Man wird sehen, wie Horst Seehofer sich aus seinem Ehrenwort windet. Dann wären die Fortschritte bei Arbeitsplätzen, Wachstum und Schuldenbremse schnell verspielt. Wenn Gregor Gysi Oppositionsführer im Bundestag wird, zeigt das zudem, wie sehr die marktwirtschaftliche und liberale Stimme der FDP in der Mitte des Parlaments fehlt.

Frage: Sie wollen die hessische Kultusministerin Nicola Beer als Generalsekretärin vorschlagen. Sollten nicht noch mehr Frauen in die Führungsriege der neuen FDP?

LINDNER: Meine Kandidatur ist ein Angebot an die Partei. Ich werde es am Freitag um einen Personalvorschlag für den Generalsekretär ergänzen - aber noch nicht heute. Zum generellen Aspekt: Die FDP hat sehr viele starke Frauen in ihren Reihen, deren Potenzial wir nutzen sollten. Das Gesicht der FDP muss so vielfältig werden, wie die Gesellschaft es ist.

Frage: Ist die FDP bald pleite?

LINDNER: Nein. Die FDP wird in den nächsten Jahren weiter in der Hauptstadt professionell präsent bleiben. Nach so einer Niederlage wird das Budget kleiner. Wir müssen in der eigenen Organisation also das tun, was wir auch dem Staat empfehlen: Schlanker werden!

 

 

 

 

 

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