23.11.2013FDPHaushaltspolitik

LINDNER-Interview für den „Kölner Stadtanzeiger“

Berlin. Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende CHRISTIAN LINDNER gab dem „Kölner Stadtanzeiger“ (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte FABIAN KLASK:

Frage: Herr Lindner, haben sie sich schon bei Angela Merkel und Sigmar Gabriel bedankt? Bei den Koalitionsverhandlungen von SPD und CDU gibt es ja viele Vorschläge, die Ausgaben zu erhöhen.

LINDNER: In der Tat: Das gibt uns Gelegenheit, unsere solidere Art des Wirtschaftens herauszustellen. Aber ich bin vor allem in Sorge, dass leichtfertig Deutschlands Stärke verspielt wird. Die Spendierhose kommt in Mode – und überall gibt es bürokratische Fesseln. Die Rentenbeitragszahler werden regelrecht enteignet, weil ihr Beitragssatz nicht sinkt, wie es im Gesetz steht. Schwarz-Rot macht das Gegenteil dessen, was wir in Europa empfehlen. Das schwächt die deutsche Glaubwürdigkeit – und die der CDU.

Frage: Die Kommunen in NRW sind überschuldet, die Straßen marode. Ist es da so abwegig zu investieren?

LINDNER: Die Politik kann nur verteilen, was vorher erwirtschaftet wurde. Wo ist der gesunde Menschenverstand? Die Steuereinnahmen wachsen enorm. Sie müssen klug eingesetzt werden. Mir fehlen neue, marktwirtschaftliche Lösungen. Lebensversicherungen und Versorgungswerke beispielsweise haben bei den niedrigen Zinsen enorme Probleme, die Ersparnisse ihrer Kunden anzulegen. Die private Beteiligung an Infrastrukturvorhaben wird aber nicht einmal diskutiert.

Frage: NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft engagiert sich in den Verhandlungen vor allem in der Energiepolitik. Teilen Sie ihre Sorge, dass die Energiewende zu Lasten des Industrielandes NRW laufen könnte?

LINDNER: Ja, das thematisiert die FDP im Landtag seit langem. Frau Kraft hat unsere Unterstützung. Allerdings sehe ich bei Schwarz-Rot nicht den Willen, die Übersubventionen zu rasieren. NRW ist Nettozahler bei den erneuerbaren Energien. Die Rentnerin und der Bafög-Empfänger zahlen über den Strompreis die Rendite für den bayerischen Solarinvestor. Eine grundlegende Reform zieht die große Koalition dennoch erst für 2017 in Erwägung.

Frage: Wo würden Sie ansetzen?

LINDNER: Eigentlich wissen alle, dass die planwirtschaftlich betriebene Energiepolitik gescheitert ist. Deshalb muss als Erstes der feste Abnahmepreis für die Erneuerbaren abgeschafft werden. Die Gelddruckmaschine muss gestoppt werden. Es sollte nur noch einen Zuschlag auf den Marktpreis geben. Zweitens empfehle ich: Tempo rausnehmen beim Ausbau. Das Ziel ist 2050 – aber wir leisten uns heute ein aberwitziges Tempo.

Frage: Welchen Einfluss hätte eine große Koalition in Berlin denn auf die Politik in NRW?

LINDNER: Tendenzen sind ja schon erkennbar: Frau Kraft muss ihre Strategie ändern. Bisher hat sie keine solide Haushaltspolitik formuliert, weil sie auf einen Geldsegen aus Berlin nach der Bundestagswahl gehofft hat. Jetzt machen Union und SPD im Bund aber lieber selbst Gefälligkeitspolitik, als die finanzpolitische Tatenlosigkeit von Rot-Grün in Düsseldorf zu decken. Stattdessen hört man nun von SPD-Gedankenspielen, die Grunderwerbsteuer in NRW erneut zu erhöhen.

Frage: Auch die FDP will an einer neuen Strategie arbeiten. Wohin geht‘s?

LINDNER: Die FDP bleibt die Partei, die auf die Belastungsgrenzen von Bürgern und Wirtschaft achtet. Aber wir müssen Themen neu akzentuieren. Wer für Marktwirtschaft ist, darf nicht die Augen davor verschließen, dass wir im Verhältnis zwischen renditeorientierten Banken und kreditsüchtigen Staaten längst keine Marktwirtschaft mehr haben. Zweitens müssen wir wieder stärker eine Partei der Bürgerechte sein: Die NSA-Enthüllungen haben gezeigt, dass die Privatsphäre nicht gesichert ist. Drittens geht es mir darum, das bildungspolitische Profil zu schärfen. Die FDP will Individualität und Leistungsfreude stärken und gerechte Chancen unabhängig von der Herkunft schaffen.

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