31.10.2014FDPWirtschaft

LINDNER-Gastbeitrag: Heute noch den Kurs ändern

Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende CHRISTIAN LINDNER schrieb für die „Saarbrücker Zeitung“ und „Pirmasenser Zeitung“ (Freitag-Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

Unsere Wirtschaft ist stark – aber nicht unverwundbar. In den letzten zehn Monaten ist in Berlin eine Belastungsprobe nach der anderen beschlossen worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel haben dem Verteilen nicht nur Vorfahrt, sondern auch Blaulicht und Martinshorn eingeräumt, als sei unsere wirtschaftliche Stärke eine Selbstverständlichkeit. Rascher als gedacht zeigen sich nun die Folgen dieser Politik: Zum sechsten Mal in Folge ist der als wichtiger Frühindikator geltende Ifo-Geschäftsklimaindex gefallen, die Steuerschätzer werden ihre Prognosen wohl ebenfalls nach unten korrigieren.

Die gute Nachricht ist: Noch hat Deutschland einen innovativen Mittelstand, starke Industrien und vor allem Millionen qualifizierter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Noch haben wir die Fähigkeit, im weltweiten Wettbewerb zu bestehen. Aber damit unser Land nicht bald wieder zum kranken Mann Europas wird, braucht die deutsche Politik besser heute als morgen einen Richtungswechsel: Erwirtschaften vor Verteilen!

Andrea Nahles will den Arbeitsmarkt mit Regulierungen überziehen. Dabei braucht der Arbeitsmarkt mehr Flexibilität und nicht weniger. Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Januar 2015 muss mindestens ausgesetzt werden. Denn er schadet mehr als er nutzt. Sinnvoll wäre stattdessen eine Bildungsoffensive für Schulabbrecher, um ihnen den Weg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern.

Zudem muss Energie wieder bezahlbar werden. Dazu ist es kurzfristig notwendig, die Stromsteuer zu senken. Die hohen Stromkosten sind Investitionshindernis Nr. 1, belasten die Bürgerinnen und Bürger und schaden der heimischen Industrie. Diesen negativen Kreislauf müssen wir durchbrechen – das Erneuerbare-Energien-Gesetz muss deshalb abgeschafft werden.

Auch kann die Binnenkonjunktur befeuert werden. Der ungerechte Lohnklau durch die kalte Progression muss beendet werden und die Absenkung des Rentenbeitrages muss nachgeholt werden – und zwar rückwirkend für das laufende Jahr 2014. Statt erfahrene Fachkräfte durch die Rente mit 63 aus den Betrieben zu drängen und so den Fachkräftemangel zu vergrößern, sollte der Renteneintritt künftig zwischen 60 und 70 Jahren flexibel möglich sein – mit dem Ziel, längeres Arbeiten attraktiver zu machen.

Öffentliche und private Investitionen können leicht gestärkt werden. Vier Milliarden Euro für Straßen, Schienen, Brücken und die Breitbandversorgung sind machbar, ohne das Ziel des ausgeglichenen Haushalts zu gefährden. Dazu muss die Regierung die Ratschläge des Bundes der Steuerzahler ernst nehmen und die Verschwendung von Steuergeldern stoppen. Von der Wiedereinführung der degressiven Abschreibung und der Förderung der energetischen Gebäudesanierung könnten zusätzliche Impulse ausgehen.

Nicht zuletzt muss das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Nordamerika zügig abgeschlossen werden. Der Exporteinbruch zeigt, wie wichtig der Außenhandel für Deutschland ist. Ein Freihandelsabkommen würde diesen unmittelbar und nachhaltig beleben. Zudem besteht die Chance, weltweit beachtete Sozial- und Umweltstandards zu setzen.

Und schließlich darf Wachstum nicht wieder auf Pump gekauft werden. Das ist die Lehre aus der Finanzkrise. Die schwarze Null und der Schuldenabbau müssen daher Priorität haben. Statt immer neuer Wahlgeschenke brauchen wir Finanzdisziplin. Kleine und mittlere Unternehmen von unnützer Bürokratie zu befreien würde zudem wie ein kostenloses Konjunkturpaket wirken.

Ein klarer Rahmen und weniger Belastungen für die Unternehmen, nachhaltige Impulse für die Konjunktur und neue Spielräume für die Menschen – das stärkt Deutschlands Abwehrkräfte und lässt die Konjunktur wieder anspringen. Die Bundesregierung muss dringend den Kurs ändern – am besten noch heute.

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