14.06.2013FDPDatenschutz

LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER-Namensbeitrag für das "Handelsblatt"

Berlin. Die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Bundesjustizministerin SABINE LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER schrieb für das "Handelsblatt" (Freitag-Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

Schluss mit Kleinstaaterei
Die meisten Menschen nutzen täglich diverse Internetdienste, ohne einen Cent zu zahlen - wissend, dass sie mit ihren Daten für die Dienste zahlen, denn nichts ist kostenlos. Das Geschäftsmodell sozialer Netze oder Suchmaschinen ist nicht grundsätzlich das Problem, wenn der Schutz der Privatsphäre und der Selbstbestimmung gewahrt bleibt. Es ist aber ein Problem, wenn amerikanische Sicherheitsbehörden scheinbar Daten ohne Berücksichtung des Datenschutzes ausforschen, während in anderen Staaten der Datenschutz hochgehalten wird. Ein Generalverdacht gegen jeden User durch eine pauschale Überwachung weltweit würde das Vertrauen in die digitale Kommunikation zerstören. Am Ende einer solchen Entwicklung könnte nicht nur eine Schwächung der ungeheuren Wachstumsdynamik der IT-Branche stehen, sondern sogar das Aus von einigen Diensteanbietern. Vertrauen der Nutzer in die digitale Welt und ihre Anbieter ist eine Conditio sine qua non. Ohne Vertrauen ihrer Nutzer kann diese digitale Welt nicht existieren.
Deswegen brauchen wir eine neue Dynamik für einen europäischen Datenschutz. Wenn sich die Europäer auf ein einheitliches hohes Datenschutzniveau verständigen, profitieren nicht nur die Nutzer. Ein europäischer Datenschutz bietet die Chance, den Standortvorteil Datenschutz voll gegenüber der chinesischen oder US-amerikanischen Konkurrenz auszuspielen. Europa muss in Sachen Datenschutz raus aus der Kleinstaaterei. Die europäischen Bürgerinnen und Bürger brauchen einen verstärkten Schutz - national, europäisch und international. So kann die EU Standards setzen, der auch Maßstab für das Datenschutzübereinkommen der EU mit den USA sein sollte.
Der europäische Datenschutz ist in der Vergangenheit eher in Trippelschritten vorangekommen. Es gibt eine Datenschutzrichtlinie von 1995. Am 27. Januar 2012 legte die EU-Kommission den Entwurf einer Datenschutz-Grundverordnung vor. Damit soll ein einheitliches Datenschutzniveau in den Mitgliedstaaten etabliert werden. Dieses Datenschutzniveau soll dann auch für alle außereuropäischen Konzerne gelten, denn nach dem dort einzuführenden Marktortprinzip gilt dann das Recht der Nutzers, also der Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union. Verstöße dagegen werden mit hohen Geldsanktionen geahndet. Auf diesem Weg müssten amerikanische Konzerne den Datenschutz in der Europäischen Union achten, der sich von dem in den Vereinigten Staaten deutlich unterscheidet. Mehr Schutz könnte auch durch ein Datenschutz-Rahmeneinkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten erreicht werden, über das seit langem erfolglos verhandelt wird. Der Entwurf einer Datenschutz-Grundverordnung wird derzeit intensiv beraten und ist in Teilaspekten wegen der Höhe des Datenschutzniveaus kontrovers.
Jetzt kommt es darauf an, dass alle Mitgliedstaaten konstruktiv an der Verordnung mitarbeiten. Der Schutz der Privatsphäre gehört nicht nur zu den Gründungsmythen unserer Demokratien. Er muss auch im 21. Jahrhundert über einen effektiven Grundrechtsschutz gewährleistet werden.

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