22.08.2013FDP

LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER -Interview für die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung"

Berlin. Die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Bundesjustizministerin SABINE LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER gab der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten ULRICH REITZ und DIETMAR SEHER:

Frage: Der britische Geheimdienst hat vom "Guardian" verlangt, die Festplatten zur Späh-Affäre zu schreddern. Wäre das bei uns möglich?

LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Nein. Zum Glück haben wir in dieser Wahlperiode eine bedeutende Gesetzesänderung gestemmt. Sie war mein Vorschlag. Wenn ein Journalist eine Information von jemandem bekommt, der mit der Weitergabe ein Dienstgeheimnis verletzt, dann darf gegen diesen Journalisten nicht strafrechtlich vorgegangen werden. Ein strafrechtliches Vorgehen nämlich könnte Einfallstor für Beschlagnahmungen oder Zerstörungen sein. Es würde ins Herz des investigativen Journalismus treffen. Wir haben das Einfallstor dicht gemacht.

Frage: Wissen Sie, was der amerikanische Geheimdienst NSA hier tut und was mit den Daten deutscher Bürger passiert?

LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Ich kann nicht beurteilen, was mit den Daten deutscher Bürger im Ausland passiert. Da sind weltweite Konzerne tätig. Deshalb wollen wir Verhandlungen mit den USA und die EU-Datenschutzverordnung jetzt vorantreiben. Kern der Verordnung ist, dass die strengen europäischen Regeln auch für amerikanische Konzerne gelten, wenn der Nutzer in Europa sitzt. Zu den Umständen in Deutschland kann ich sagen: Diejenigen, die die technische Verantwortung an den Knotenpunkten der Datenübermittlung haben, sind befragt worden. Sie haben gesagt, dass es keine nachweisbaren und gezielten Angriffe auf diese Datenknotenpunkte gegeben hat. Da habe ich weder eigene Erkenntnisse noch die Kompetenz, das infrage zu stellen.

Frage: Kann die Geheimdienstkontrolle verbessert werden?

LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Ja. Entscheidend für mich ist die Einrichtung eines ständigen Geheimdienstbeauftragten, der vom Parlamentarischen Kontrollgremium bestimmt wird. Er sollte die Abgeordneten entlasten, die noch viele andere Aufgaben haben. Er sollte einen fachlichen Hintergrund mitbringen, könnte sich ständig um die Überwachung kümmern und einen Zugang zu allen Akten haben - auch ohne, dass es dafür einen konkreten Anlass gibt. Dafür sollte in der nächsten Wahlperiode eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden.

Frage: Was ist Snowden für Sie? Verräter oder Held?

LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Weder noch. Er hat, einerseits, mit seinen Informationen eine weltweite Debatte angestoßen. Er hat aber auch gegen Gesetze verstoßen und hätte dies auch hier getan. Wäre er Mitarbeiter beim BND gewesen und wäre hier ähnlich wie in Amerika vorgegangen, hätte er sich strafbar gemacht.

Frage: Sie wehren sich gegen anlasslose Speicherungen von Verbindungsdaten bei Telefon- und Internetkommunikation. Polizisten sagen, das schränke die Fahndung ein.

LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Wir haben, seitdem das Bundesverfassungsgericht das Vorratsdatenspeicherungsgesetz aufgehoben hat, keine Speicherung dieser Daten mehr. Ist Deutschland unsicherer geworden? Nein. Haben wir eine hohe Aufklärungsquote? Ja. Also treffen Behauptungen nicht zu, dass ich nur mit dieser anlasslosen Datenspeicherung Kriminalität verfolgen kann.

Frage: Die Grünen bereiten gerade ihre Anfangszeit auf, wo es zu pädophilen Tendenzen gekommen ist. Auch die FDP ist ins Gerede gekommen. Ihre Bundestagskandidatin, Frau Döring, verzichtet auf die Kandidatur.

LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Es war respektvoll von Frau Döring. Aber die FDP hat keine pädophile Vergangenheit. Liberalität und Individualität bedeuten ja nicht, dass Kindesmissbrauch zu Verhaltensweisen unserer Gesellschaft gehören. Alle Versuche, damit von den früheren Problemen der Grünen abzulenken, müssen fehlschlagen. Es ist dringend geboten, dass sich die Grünen damit befassen. Das war damals dort Haltung bei ihnen, es gab die programmatische Forderung, die entsprechenden Strafbestimmungen zu ändern. Das folgte dem Trend, die alten Zöpfe abzuschneiden und sich dem tabufreien Sex zuzuwenden. Sie sollten einen klaren Schnitt unter dieses Kapitel ihrer Anfangszeit machen, eine klare Absage geben. Kein Wackeln.

Social Media Button