19.03.2014FDPAußenpolitik

LAMBSDORFF-Interview für die „Recklinghäuser Zeitung“

Berlin. Der Spitzenkandidat zur Europawahl und Vorsitzende der FDP im Europäischen Parlament FDP-Präsidiumsmitglied ALEXANDER GRAF LAMBSDORFF gab der „Recklinghäuser Zeitung“ (Mittwoch-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte RASMUS BUCHSTEINER:

Frage: Wladimir Putin vergleicht den Anschluss der Krim an Russland mit der deutschen Wiedervereinigung – dafür müssten doch gerade die Deutschen Verständnis haben. Wie bewerten Sie diese Äußerungen des russischen Präsidenten?

LAMBSDORFF: Das ist ein abwegiger Vergleich. Putin hat auf der Krim das Völkerrecht gebrochen. Er stellt mit seinem Kurs die gesamte Friedens- und Stabilitätsordnung infrage, die sich Europa nach dem Ende des Kalten Krieges gegeben hat. Seine Rede ist eine deutliche Kampfansage gewesen. Es muss deutlich gemacht werden, dass weitere Aggression zu einer umfassenden internationalen Isolierung führen würde.

Frage: Rechnen Sie damit, dass Putin jetzt nicht nur nach dem Osten der Ukraine greift?

LAMBSDORFF: Nach dieser Rede ist es schwer, überhaupt noch sichere Prognosen über Putins künftigen Kurs abzugeben. Diesen Auftritt müssen vor allem die Bürgerinnen und Bürger in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion als Zynismus, als Schlag ins Gesicht empfinden. Der russische Präsident empfindet den Zerfall der Sowjetunion bis heute als schwere Niederlage. Er sagt jetzt kaum verklausuliert, dass er diese historische Wende wieder zurückdrehen will. Mit dieser Ansage bedroht er aber die staatliche Einheit aller früheren Sowjetrepubliken- vom Baltikum über den Kaukasus bis nach Zentralasien, ein paar Russen leben in all diesen Staaten, die er vielleicht „beschützen“ muss.

Frage: Ist die Sanktionspolitik Europas und Amerikas wirklich der richtige Weg?

LAMBSDORFF: Sanktionen sind richtig, aber sie sind kein Selbstzweck. Deswegen müssen immer auch Bedingungen formuliert werden, unter denen wir bereit wären, sie wieder zurückzunehmen. Entscheidend für den Erfolg der Sanktionen ist die politische Geschlossenheit des Westens. Europäer und Amerikaner ziehen hier an einem Strang, das ist gut. Wir missbilligen beide das russische Vorgehen in der Ukraine und sind im Fall der Fälle bereit, auch Nachteile für die eigene Wirtschaft in Kauf zu nehmen, um Frieden und Recht in Europa zu verteidigen.

Frage: Ist jetzt – allen Warnungen der Wirtschaft zum Trotz – die Zeit für eine weitere Verschärfung der Sanktionen gekommen?

LAMBSDORFF: Die europäischen Staats- und Regierungschefs können gar nicht anders, als beim Gipfel in Brüssel dieses Signal zu geben. Das wird nicht ganz einfach, denn in solchen Fragen gilt in Europa das Prinzip der Einstimmigkeit. Aber es darf nicht zugelassen werden, dass sich ein Staat in Europa ungeahndet Teile eines anderen souveränen Staates einverleibt. Genau das ist auf der Krim geschehen. Das widerspricht allen Grundprinzipien der Zusammenarbeit in Europa nach dem Ende des Kalten Krieges.

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