KUBICKI-Interview für die „Lausitzer Rundschau“
Berlin. Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende WOLFGANG KUBICKI gab der „Lausitzer Rundschau“ (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte BENJAMIN LASSIWE:
Frage: Herr Kubicki, ist das Ihr Abschiedsbesuch bei der Brandenburger FDP?
KUBICKI: Ganz sicher nicht. Ich gehe davon aus, dass viele vom Ergebnis des 14. September überrascht sein werden: Alle ostdeutschen Landesverbände, die derzeit im Wahlkampf stehen, werden auch ein ordentliches Ergebnis erzielen. Ich bin sicher, dass die Fraktionen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen erhalten bleiben.
Frage: Bundesweit liegt die FDP bei drei Prozent, in fünf Bundesländern ist sie in Umfragen nicht messbar. Woher dieser Optimismus?
KUBICKI: Ich bin seit 44 Jahren in der FDP. Und als ich die FDP in Schleswig-Holstein übernommen habe, lagen wir bei zwei Prozent. Aber seit 1992 sind wir kontinuierlich im Landtag vertreten. 2012, als wir im Mai Landtagswahlen hatten, war die FDP bundesweit bei drei Prozent – und wir haben acht Prozent geholt. Das zeigt: Man kann es schaffen. Meinungsumfragen sind Momentaufnahmen. Sie sind keine Vorhersagen des Wahlergebnisses. Und wenn die neue Bundesführung der FDP die Partei bis zum Herbst nicht nur mit einem anderen Gesicht, sondern auch mit einem anderen Auftritt profiliert, werden davon auch unsere Freunde in Brandenburg, Sachsen und Thüringen profitieren.
Frage: Die stellvertretende Bundesvorsitzende, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, denkt sogar darüber nach, der FDP einen neuen Namen zu verpassen.
KUBICKI: Jeder kann bei uns denken, was er möchte, aber ich kann ausschließen, dass die FDP sich einen neuen Namen geben wird. Es ändert sich nichts durch einen neuen Namen – die einzige Partei, die so etwas mal nötig hatte, war die Linke, die ihre SED-Vergangenheit vergessen machen wollte. Das Manko bei der Bundestagswahl war doch ein Anderes: Die Menschen haben uns nicht mehr abgenommen, dass wir unsere Aussagen ernst meinten.
Frage: Sie haben in Gestalt der AfD politische Konkurrenz bekommen. Wo ziehen Sie die Grenzen?
KUBICKI: Für mich ist die AfD eine Ein-Themen-Partei, die zu einem Europa der Nationalstaaten zurück will, und mit dem Satz „Deutschland zuerst“ rechtspopulistische Positionen bedient. Das sind alles keine Positionen, die eine offene und freiheitliche Partei wie die FDP tragen kann. Nur fünf Prozent der FDP-Wähler können sich vorstellen, für die AfD zu stimmen. Diese Partei knabbert viel stärker am rechten Rand der CDU/CSU als bei uns.
Frage: In Brandenburg haben wir trotzdem ehemalige FDP-Kreistagsleute, die sich in der AfD engagieren.
KUBICKI: Wir haben auf kommunaler Ebene häufiger die Situation, dass sich Menschen neu organisieren, wenn sie ihre Vorstellungen nicht verwirklicht sehen. Wir haben in unseren Kommunalfraktionen auch Menschen aus der SPD oder der CDU, die nun der FDP angehören. Ich kenne keinen führenden FDP-Funktionär, der sich zur AfD bewegt hätte.
Frage: Trotzdem sind da die drei Prozent. Wie wollen Sie im September die Fünf-Prozent-Hürde nehmen?
KUBICKI: Die FDP muss insgesamt wieder ein positives Lebensgefühl vermitteln. Sie muss optimistisch in die Zukunft gehen. Sie darf keine Ängste und Sorgen verbreiten. Wir müssen wieder deutlich machen, dass wir Teil der Lösung sind. Und da sind wir auf einem guten Weg.
Frage: Sie haben vor einigen Jahren von einem Aufpolieren des Markenkerns der FDP gesprochen. Was ist Ihr Markenkern?
KUBICKI: Es gibt keine andere Partei, die so sehr auf Eigenverantwortung, Wettbewerb und Leistung setzt. Es gibt keine andere Partei, die so sehr Toleranz gegenüber den unterschiedlichsten Lebensentwürfen widerspiegelt. Wir sind ja hier in Potsdam – der Satz von Friedrich dem Großen: „Jeder soll nach seiner Facon selig werden, so lange er dabei niemanden stört“, ist auch ein Motto der FDP.
Frage: Aber manche brauchen trotzdem Unterstützung...
KUBICKI: Wir wollen das Versprechen der Chancengerechtigkeit neu abgeben – Jeder soll alles erreichen können, wenn er sich nur anstrengt. Und dazu kommt die Bildungspolitik. Bildung ist für die FDP nicht nur ein Menschenrecht: Es ist auch gesellschaftlich von großer Bedeutung. Unser Wohlstand wird künftig immer stärker davon abhängen, dass die wenigen jungen Menschen, die wir haben, immer besser ausgebildet werden. Wer glaubt, an der Bildung sparen zu können, sägt an dem Ast, auf dem er sitzt.