KOPP: WTO-Konferenz: Großer Poker - kleinster Nutzen
BERLIN. Zum Abschluss der WTO-Konferenz in Hong Kong erklärt die Sprecherin für Welthandelsfragen der FDP-Bundestagsfraktion und Teilnehmerin der deutschen Delegation vor Ort, Gudrun KOPP:
Das Schmalspur-Verhandlungsergebnis der Welthandelskonferenz ist alarmierend, denn es schwächt die Bedeutung der WTO (World Trade Organization) nachhaltig. Der Riesentanker WTO hat sich als kaum noch manövrierbar erwiesen - da nützen keine Schönfärbereien.
-Zu groß waren die Egoismen einiger Industrie- und auch Schwellenländer;
-Zu groß war zudem die Überforderung der Entwicklungsländer, das Verhandlungsdickicht und das hochkomplizierte Regelwerk der WTO zu durchdringen.
Als Rückschlag für die deutsche Exportwirtschaft werte ich die Reduzierung der Welthandelsrunde auf Agrarthemen. Beschlüsse über sinkende Industriezölle, weniger Zollbürokratie und eine dringend nötige Öffnung der Dienstleistungsmärkte blieben aus.
Dieses "Nicht-Ergebnis" wird sich rächen: Ein weiteres Ansteigen der weltweit über 300 bilateralen Handelsabkommen zu Lasten der armen Länder wird die Folge sein. Dass es am Ende der Konferenz überhaupt eine Einigung auf ein Abschlussdokument gegeben hat, ist zu begrüßen. Darin ist die Terminierung für das Auslaufen der Agrar-Exportsubventionen bis 2013 als einzig vorwärts weisendes Ergebnis zu sehen. Jetzt folgen Nachverhandlungen innerhalb der WTO in Genf, die hoffentlich einen substantiellen Abschluss der Doha-Runde Ende 2006 ermöglichen.
Parallel zur Weiterführung der Verhandlungen muss die EU und auch Deutschland hinterfragen, was die Gründe dafür waren, dass die EU als weltweit größter Handelspartner schlecht aufgestellt war. Die EU braucht dringend eine wirksame Kommunikationsstrategie, um über eigene Positionen und Forderungen gegenüber den Verhandlungspartnern und der Öffentlichkeit nicht immer wieder in die Defensive zu geraten, wie in Hong Kong geschehen.
Auch Deutschland muss durch größeres Engagement in Zukunft seinen Einfluss auf die verhandelnde EU-Kommission verstärken: Am letzten Verhandlungstag in Hong Kong beriet sich der EU-Handelsministerrat, an dem die jeweiligen Minister aller 25 Mitgliedsstaaten plus ein ranghoher Beamter (genannt "Minister + 1-Runde") teilnahmen, um über Inhalte des Abschlusstextes zu diskutieren. Aber exakt während dieser heißen Phase der Verhandlungen fehlte Bundeswirtschaftsminister Michael Glos. So verhandelte der zweifellos sehr kompetente beamtete Staatssekretär Bernd Pfaffenbach allein - und eben nicht auf gleicher Augenhöhe. Dies war eine vertane Chance, für das zu kämpfen, was mit geballter Kraft beim EU-Verhandlungsführer einzufordern gewesen wäre, nämlich im Bereich der Wirtschaftsthemen doch noch einen Verhandlungsfortschritt zu erreichen.
Insgesamt blieb eine führende Rolle Deutschlands innerhalb der EU nicht erkennbar, wohl aber die Frankreichs, und zwar als Bremser beim Thema Datierung eines Auslaufens der Agrar-Exportsubventionen.
Knut Steinhäuser
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