12.03.2014FDPBürgerrechte

HIRSCH-Gastbeitrag für das „Handelsblatt“

Berlin. Das FDP-Bundesvorstandsmitglied NADJA HIRSCH schrieb für das „Handelsblatt“ (Mittwoch-Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

Die Sensibilität der Menschen hinsichtlich ihrer persönlichen Daten steigt in Zeiten, in denen Google, NSA & Co. immer umfangreicher nach diesen greifen. Bis zu 20 Prozent der Bevölkerung sollen bereit sein, für einen besseren Schutz der eigenen Daten zu zahlen. Damit kann ein hoher europäischer Datenschutz zu einem globalen Wettbewerbsvorteil werden.

Um zielgerichtet Produkte und Dienstleistungen anbieten zu können, sammeln IT-Unternehmen Daten, die umfassende Erkenntnisse über Alltag, Interessen und selbst den Gesundheitszustand zulassen. In den nächsten Jahren wird unser Leben immer stärker von der Verknüpfung der analogen mit der digitalen Welt geprägt sein.

Aktuelles Beispiel: Fitnessarmbänder. Um das Handgelenk getragen, zählen sie unsere Schritte, messen den Puls, ermitteln den Schlaf und erfassen – in Verbindung mit Apps – unsere Ernährungs- und Sportgewohnheiten. In ihrer Gesamtheit liefern diese Daten ein ziemlich genaues Bild von uns, das viele Vorhersagen erlaubt.

Heute scheint dies noch eine nette Spielerei zu sein. Doch was passiert, wenn unsere Daten weitergegeben und von denjenigen ausgewertet werden, die daraus Profit schlagen? Zum Beispiel Krankenversicherungen? Sobald aus unseren Daten und Wahrscheinlichkeiten ein ganz persönliches Profil und eine Prognose errechnet werden können, wird aus dem Spiel ganz schnell Ernst. Die Versicherung könnte ihre Beiträge entsprechend unseren Daten anheben, manch einer würde vielleicht gar nicht mehr versichert werden.

Heute schon dominieren US-amerikanische Konzerne den Markt solcher Geräte und Anwendungen. Niemand kann mehr allen Ernstes behaupten, er wüsste, was genau mit seinen Daten passiert. Daher ist die entscheidende Frage: Muss man sich zwischen der Teilhabe an der digitalen Welt und dem Schutz seiner Daten entscheiden?

Es wird eine wachsende Zahl von Menschen geben, die beides wollen und bereit sind, für ein Mehr an Datenschutz zu zahlen. Profitieren könnten davon europäische Unternehmen, die beides verbinden – vergleichbare Produkte mit dem Plus des europäischen Datenschutzes.

Daher ist es nun die Aufgabe der Politik, hierfür die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Kurz: Wir brauchen die europäische Datenschutzgrundverordnung! Die Aufschiebetaktik der europäischen Regierungschefs - allen voran der deutschen Bundesregierung - ist verantwortungslos. Denn täglich wird es für europäische IT-Unternehmen schwieriger, den Anschluss an die US-Player zu schaffen.

Die digitale Welt hält für Europa enormes Wachstum und innovative Arbeitsplätze bereit. Allerdings benötigen europäische IT-Unternehmen die klare Botschaft der Politik, dass ein besserer Datenschutz als Wettbewerbsvorteil gewollt ist. Dieses Bekenntnis muss Teil einer jeden „digitalen Agenda“ sein. Denn eine Entscheidung für die digitale Gesellschaft darf nicht zu einer Entscheidung gegen Datenschutz und unsere Privatsphäre werden. Menschen, die beides wollen – Innovation und Datenschutz –, müssen diese Option haben. In einer digitalen Gesellschaft der Zukunft werden unsere Grundrechte nur so gut geschützt sein, wie es unser Datenschutz zulässt.

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