30.07.2020Wegen vermehrter Corona-Ausbrüche auf Schlachthöfen hat die Groko ein Verbot von Werkvertrags- und Leiharbeit in der Fleischbranche beschlossen. Der Gesetzesentwurf sieht außerdem eine Pflicht zur digitalen Arbeitszeiterfassung in der Fleischindustrie vor. Nach Ansicht der Freien Demokraten ist es völlig richtig, dass die lang bekannten Missstände in der Fleischindustrie endlich angegangen werden. Allein: "Der Vorschlag von Bundesarbeitsminister Heil kommt spät und lässt dabei zu wünschen übrig", urteilt FDP-Arbeitsmarktpolitiker Johannes Vogel.
"Es ist zwar richtig, dass eine verpflichtende digitale Zeiterfassung geplant ist. Bei der Zusammenarbeit der Kontrollbehörden von Bund, Ländern und Kommunen wäre aber noch mehr möglich und nötig gewesen", ist Vogel überzeugt. Sü müsse durch bessere Kontrollen sichergestellt werden, dass Gesetze auch eingehalten werden.
Vogel sagt aber auch: "Bei den Regelungen zu Werkverträgen schießt Heil über das Ziel hinaus. Hier zielt die Gesetzesbegründung schon auf die gesamte Wirtschaft. Dies wäre ein fataler Angriff auf die arbeitsteilige Wirtschaft und damit auch auf einen wesentlichen Treiber von Innovation." Hier wäre ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag für die Fleischindustrie zielführender. "Dieser wäre ein wirksames Instrument zum zielgenauen Ausschluss von Werkverträgen dort und zur effektiven Reduzierung der Probleme.“
Auch FDP-Präsidumsmitglied Michael Theurer spricht von einem "weiteren Schritt in Richtung staatliche Wirtschaftslenkung". In einem gemeinsamen Gastbeitrag schlagen Theurer und sein Amtskollege Frank Sitta stattdessen vor: "Erstens muss der Einsatz von Scheinwerkverträgen konsequent kontrolliert und sanktioniert werden. Sind die per Werkvertrag Beschäftigten in die Organisation des Fleischbetriebs eingegliedert, ist dies schon heute illegal." Die digitale Zeiterfassung sei zudem unverzichtbar. "Zweitens müssen die Unterkünfte der Beschäftigten menschenwürdige Standards erfüllen und die Vermieter für Hygienestandards sowie vernünftige Belegung der Wohnräume sorgen. Beim Unterlaufen des Mindestlohns durch Mietwucher sind deutlich höhere Strafen geboten."
Drittens müssten die Behörden mit "mehr Personal, gerade für unangekündigte Vor-Ort-Kontrollen ausgestattet werden, um Missstände konsequent ahnden zu können." Die Kontrollen müssten zudem auf allen Ebenen besser miteinander verzahnt werden. "Viertens ist staatliche Regulierung kein Selbstzweck, sondern muss mit Augenmaß erfolgen. Denn oftmals können Initiativen aus der Branche heraus, etwa verbindliche Tarifabsprachen, schneller und zielgerichteter erfolgen als starre und somit schnell überholte Auflagen durch den Staat."
Die gesamte Fleischwirtschaft stehe vor Umgestaltungen: Start-ups setzen heutzutage auf Weideschlachtung, regionale Erzeugung und brauchen entsprechend regulatorischen Freiraum. "Wir wollen daher fairen Wettbewerb um die besten Produktionsbedingungen. Es darf kein „too big to fail“ mehr geben."
Heil schießt bei Regelungen zu Werkverträgen über das Ziel hinaus
W ie können die Bedingungen in der Fleischbranche nachhaltig verbessert werden?Wegen vermehrter Corona-Ausbrüche auf Schlachthöfen hat die Groko ein Verbot von Werkvertrags- und Leiharbeit in der Fleischbranche beschlossen. Der Gesetzesentwurf sieht außerdem eine Pflicht zur digitalen Arbeitszeiterfassung in der Fleischindustrie vor. Nach Ansicht der Freien Demokraten ist es völlig richtig, dass die lang bekannten Missstände in der Fleischindustrie endlich angegangen werden. Allein: "Der Vorschlag von Bundesarbeitsminister Heil kommt spät und lässt dabei zu wünschen übrig", urteilt FDP-Arbeitsmarktpolitiker Johannes Vogel.
"Es ist zwar richtig, dass eine verpflichtende digitale Zeiterfassung geplant ist. Bei der Zusammenarbeit der Kontrollbehörden von Bund, Ländern und Kommunen wäre aber noch mehr möglich und nötig gewesen", ist Vogel überzeugt. Sü müsse durch bessere Kontrollen sichergestellt werden, dass Gesetze auch eingehalten werden.
Vogel sagt aber auch: "Bei den Regelungen zu Werkverträgen schießt Heil über das Ziel hinaus. Hier zielt die Gesetzesbegründung schon auf die gesamte Wirtschaft. Dies wäre ein fataler Angriff auf die arbeitsteilige Wirtschaft und damit auch auf einen wesentlichen Treiber von Innovation." Hier wäre ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag für die Fleischindustrie zielführender. "Dieser wäre ein wirksames Instrument zum zielgenauen Ausschluss von Werkverträgen dort und zur effektiven Reduzierung der Probleme.“
Lehren aus dem Fall Tönnies
Auch FDP-Präsidumsmitglied Michael Theurer spricht von einem "weiteren Schritt in Richtung staatliche Wirtschaftslenkung". In einem gemeinsamen Gastbeitrag schlagen Theurer und sein Amtskollege Frank Sitta stattdessen vor: "Erstens muss der Einsatz von Scheinwerkverträgen konsequent kontrolliert und sanktioniert werden. Sind die per Werkvertrag Beschäftigten in die Organisation des Fleischbetriebs eingegliedert, ist dies schon heute illegal." Die digitale Zeiterfassung sei zudem unverzichtbar. "Zweitens müssen die Unterkünfte der Beschäftigten menschenwürdige Standards erfüllen und die Vermieter für Hygienestandards sowie vernünftige Belegung der Wohnräume sorgen. Beim Unterlaufen des Mindestlohns durch Mietwucher sind deutlich höhere Strafen geboten."
Drittens müssten die Behörden mit "mehr Personal, gerade für unangekündigte Vor-Ort-Kontrollen ausgestattet werden, um Missstände konsequent ahnden zu können." Die Kontrollen müssten zudem auf allen Ebenen besser miteinander verzahnt werden. "Viertens ist staatliche Regulierung kein Selbstzweck, sondern muss mit Augenmaß erfolgen. Denn oftmals können Initiativen aus der Branche heraus, etwa verbindliche Tarifabsprachen, schneller und zielgerichteter erfolgen als starre und somit schnell überholte Auflagen durch den Staat."
Die gesamte Fleischwirtschaft stehe vor Umgestaltungen: Start-ups setzen heutzutage auf Weideschlachtung, regionale Erzeugung und brauchen entsprechend regulatorischen Freiraum. "Wir wollen daher fairen Wettbewerb um die besten Produktionsbedingungen. Es darf kein „too big to fail“ mehr geben."