25.06.2005FDP-FraktionAußenpolitik

GERHARDT: Über die Zukunft von Europa nachdenken

BERLIN. In einer Kolumne für die Wetzlarer Neue Zeitung erklärt der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Wolfgang GERHARDT:

Tony Blair hat Klartext geredet. Und genau das braucht Europa. Seien wir ehrlich. Die politischen Eliten haben es leider nicht vermocht, die Bevölkerung zu überzeugen. Das müssen wir Politiker auch selbstkritisch analysieren. Eine Vielzahl richtiger Entscheidungen, ob Euro-Einführung, die EU-Erweiterung oder die EU-Verfassung, dies alles wurde zügig auf den Weg gebracht. Wir müssen nun aber zur Kenntnis nehmen, daß diese Entscheidungen eben für manche Bürger zu schnell waren.
Beeindruckend ist die Unfähigkeit von Bundeskanzler Schröder zur Selbstkritik. Gerade sein rasches Vorpreschen in punkto EU-Mitgliedschaft der Türkei hat mit Sicherheit der Akzeptanz der Europäischen Union eher geschadet als genützt. Die Probleme nun allein auf Tony Blair abzuwälzen ist ein billiges Ablenkmanöver von den eigenen Fehlern. Der "Vater" der "Europäischen Verfassung", der ehemalige französische Präsident Valéry Giscard d`Estaing setzt hier Maßstäbe, wenn er die Schuld für die "Krise" auch bei Frankreich selbst sucht.
Was Tony Blair vorschlägt ist das was Gerhard Schröder und Jacques Chirac fehlt. Das meiste davon war vor gar nicht langer Zeit nachlesbar im sogenannten "Schröder-Blair-Papier". Mehr Mut zur Marktwirtschaft anstelle von Subventionierung der Vergangenheit und Regelungswut. Nur so können wir wettbewerbsfähig werden um langfristig mit den zukünftigen Wirtschaftsgiganten Indien und China mithalten zu können. Tony Blair steht übrigens nicht alleine, zahlreiche andere Reformstaaten, gerade im mittelöstlichen Europa sehen die Zukunft Europas sehr ähnlich.
Es muß nicht schaden, wenn endlich einmal wieder grundsätzlich über die Zukunft Europas diskutiert wird anstelle alle Meinungsverschiedenheiten in schlechten Kompromissen zu versenken. Insofern hat das Scheitern des EU-Gipfels vielleicht sogar etwas Gutes. Zumindest wurde verhindert, daß das Mißverhältnis zwischen Agrarsubventionen und Forschungsausgaben festzementiert wurde. Die Landwirte müssen sich auf Zusagen verlassen können. Das ist richtig. Aber Deutschland und Frankreich müssen dann für nationale Kofinanzierung eintreten, um nicht 50 Prozent des Haushaltes der EU damit zu belegen. Nur so geht es.
Das Fazit ist genauso einfach wie für Deutschland bedrückend. Nach sieben Jahren Rot-Grün stehen Gerhard Schröder und Joschka Fischer am Ende ihrer Amtszeit vor dem Scherbenhaufen ihrer Europapolitik. Dieses nun anderen in die Schuhe zu schieben ist unwürdig für die politische Kultur in unserem Land.

Susanne Bühler
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