21.09.2018Inzwischen ist klar: Die britische Premierministerin Theresa May strebt einen "Soft Brexit" an. Wie soll der aussehen? Nach Mays Brexit-Plan würde das Vereinigte Königreich die EU verlassen, aber den freien Warenhandel im europäischen Regulierungsrahmen beibehalten. Dies würde ein zentrales Problem des Brexit für die britische Regierung lösen: Die Frage der Grenzkontrollen zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich, einschließlich Nordirland. Es stünden jedoch harte politische Auseinandersetzungen bevor, sowohl mit britischen Hardlinern als auch mit Brüssel, konstatiert Karl-Heinz Paqué, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Stiftung für die Freiheit. Er rät Europa, May entgegenzukommen. Denn die Zusammenarbeit mit den Briten sei von überragender Bedeutung.
"Beharrt die EU auf ihrem bisherigen Standpunkt, dass Freihandel nur im kompletten Paket mit Freizügigkeit zu haben ist, dann ist eine Einigung auf Mays 'Soft Brexit' kaum denkbar", betont Paqué. Denn mit ihrem Modell habe May ihr Land bereits an den Rand eines Souveränitätsverzichts geführt, der ihre Partei tief spalte. "Müsste sie auch noch die Freizügigkeit voll akzeptieren, würde sie scheitern, denn diese war der zentrale Stein des Anstoßes, der überhaupt erst für eine Mehrheit gegen einen Verbleib in der EU sorgte", hält er fest.
Genau an dieser Stelle sei in der EU größtes diplomatisches Geschick verlangt. "Ein Scheitern des 'Soft Brexit' würde zu einem 'Hard Brexit' führen, einer Art Scheidung im Unfrieden mit einem lange nachwirkenden bitteren Beigeschmack der Demütigung und Frustration", mahnt Paqué. Das Vereinigte Königreich würde sich in seiner gesamten Politik zwangsläufig umorientieren – in Sicherheits- und Verteidigungs- wie in Handelsfragen. "Dies wäre eine gewaltige Schwächung des liberalen Westens in allen internationalen Konflikten, sei es mit Russland, der Türkei oder China oder auch mit dem Protektionismus eines Donald Trump", verdeutlicht er. "Europa wäre auf Dauer viel schwächer als mit einem 'EU-assoziierten' Großbritannien, das freundschaftliche und konstruktive Beziehungen mit Brüssel pflegt." Deshalb müsse es nun darum gehen, das Beste aus der Situation zu machen. "Und dazu braucht es eben auch in Brüssel Phantasie, Pragmatik und Vernunft – und keinen rigiden Dogmatismus." (ch)
Für mehr Pragmatismus in der Brexit-Frage
Die Brexit-Verhandlungen kommen nur schleppend voranInzwischen ist klar: Die britische Premierministerin Theresa May strebt einen "Soft Brexit" an. Wie soll der aussehen? Nach Mays Brexit-Plan würde das Vereinigte Königreich die EU verlassen, aber den freien Warenhandel im europäischen Regulierungsrahmen beibehalten. Dies würde ein zentrales Problem des Brexit für die britische Regierung lösen: Die Frage der Grenzkontrollen zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich, einschließlich Nordirland. Es stünden jedoch harte politische Auseinandersetzungen bevor, sowohl mit britischen Hardlinern als auch mit Brüssel, konstatiert Karl-Heinz Paqué, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Stiftung für die Freiheit. Er rät Europa, May entgegenzukommen. Denn die Zusammenarbeit mit den Briten sei von überragender Bedeutung.
"Beharrt die EU auf ihrem bisherigen Standpunkt, dass Freihandel nur im kompletten Paket mit Freizügigkeit zu haben ist, dann ist eine Einigung auf Mays 'Soft Brexit' kaum denkbar", betont Paqué. Denn mit ihrem Modell habe May ihr Land bereits an den Rand eines Souveränitätsverzichts geführt, der ihre Partei tief spalte. "Müsste sie auch noch die Freizügigkeit voll akzeptieren, würde sie scheitern, denn diese war der zentrale Stein des Anstoßes, der überhaupt erst für eine Mehrheit gegen einen Verbleib in der EU sorgte", hält er fest.
Genau an dieser Stelle sei in der EU größtes diplomatisches Geschick verlangt. "Ein Scheitern des 'Soft Brexit' würde zu einem 'Hard Brexit' führen, einer Art Scheidung im Unfrieden mit einem lange nachwirkenden bitteren Beigeschmack der Demütigung und Frustration", mahnt Paqué. Das Vereinigte Königreich würde sich in seiner gesamten Politik zwangsläufig umorientieren – in Sicherheits- und Verteidigungs- wie in Handelsfragen. "Dies wäre eine gewaltige Schwächung des liberalen Westens in allen internationalen Konflikten, sei es mit Russland, der Türkei oder China oder auch mit dem Protektionismus eines Donald Trump", verdeutlicht er. "Europa wäre auf Dauer viel schwächer als mit einem 'EU-assoziierten' Großbritannien, das freundschaftliche und konstruktive Beziehungen mit Brüssel pflegt." Deshalb müsse es nun darum gehen, das Beste aus der Situation zu machen. "Und dazu braucht es eben auch in Brüssel Phantasie, Pragmatik und Vernunft – und keinen rigiden Dogmatismus." (ch)