15.06.2013FDPFinanzpolitik

Döring-Interview für "Neue Osnabrücker Zeitung"

Berlin. Der FDP-Generalsekretär und stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion PATRICK DÖRING gab der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte BEATE TENFELDE:

Frage: Herr Döring, acht Milliarden Euro geben Bund und Länder für den Flut- Nothilfefonds aus. Zieht die FDP mit, auch wenn der Bund dafür neue Schulden machen muss?

DÖRING: Wir erleben eine Welle der Hilfsbereitschaft in Deutschland. Da ist es doch selbstverständlich, dass die Politik dies unterstützt, wo es nur geht. Wegen der zu erwartenden Steuermehreinnahmen in Deutschland sehe ich die Risiken für den Haushalt als beherrschbar an. Die schwarze Null im Jahr 2015 werden wir erreichen.

Frage: Muss die Kanzlerin angesichts der Mehrbelastung ihre milliardenschweren Wahlversprechen für Kinder, Mütter und Mieter einkassieren?

DÖRING: Warten wir mal ab, was die Union am 23. Juni in ihrem Wahlprogramm beschließt. Klar ist: Eine Umverteilung innerhalb der beitragsfinanzierten Rente ist mit der FDP nicht zu machen. Das wäre der Weg in die Einheitsrente. Wenn die Union einen konkreten Vorschlag macht, wie sie die zweistelligen Milliardenbeträge für die Mütterrente gegenfinanzieren will, werden wir uns den gerne anschauen.

Frage: Was spricht eigentlich gegen einen Flut-Soli, um Hilfsgelder zusammen zu kratzen?

DÖRING: Der Bundeshaushalt umfasst mehr als 300 Milliarden Euro, wir haben aktuell die höchsten Steuereinnahmen in der Geschichte unseres Landes. Deshalb sind neue oder höhere Steuern auch im Katastrophenfall völlig unnötig. Im Gegenteil: Wir müssen nach dem gemeisterten Prozess der Wiedervereinigung den Soli schon in der nächsten Legislaturperiode schrittweise ganz abbauen.

Frage: Bundesumweltminister Peter Altmaier will Hochwasserschutz notfalls durch Enteignungen sichern. Stützen Sie ihn dabei?

DÖRING: Wenn er auf unseren Kurs einschwenkt, begrüßen wir das. Ich finde es bedrückend, dass allein in Sachsen 25 Kommunen Hochwasserschutz nicht umsetzen konnten, weil Naturschutzverbände Einspruch eingelegt haben. Wir sind für Bürgerbeteiligung, aber nicht für grenzenlose Funktionärsbeteiligung. Deshalb ist es gut und richtig, von Hochwasser bedrohte Menschen vor klagewütigen Verbänden mit Büros in Berlin-Mitte zu schützen.

Frage: Die FDP kommt nicht aus dem Umfragetief heraus. Planen Sie bereits für die außerparlamentarische Opposition ab Herbst 2013?

DÖRING: Mein Glaube an Umfragen hat sich nach den Erfahrungen der Wahlen in Schleswig-Holstein, in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen nicht erhöht. Wir wollen nicht Umfragen gewinnen, sondern Wahlen. In den Ländern haben wir gezeigt, dass das geht. Und deshalb konzentrieren wir uns jetzt auf die Bundestagswahl am 22. September und nicht auf Umfragewerte davor.

Frage: Vieles deutet auf eine Große Koalition ab Herbst 2013 hin. Würde sich die FDP im Interesse einer lebendigen Demokratie "opfern" und mit SPD und Grünen ein Ampel-Bündnis eingehen?

DÖRING: Ich bin zwar skeptisch bei Umfragen, aber ich nehme wahr: Die Union und die FDP bringen 45 Prozent zusammen und sind damit stärker als Rot-Grün. Die überwältigende Mehrheit der Deutschen möchte, dass Angela Merkel Kanzlerin bleibt. Letztlich geht es darum, dass die FDP stärker wird als die Linken. Ich bin überzeugt davon, dass es in Deutschland mehr Liberale gibt als frühere Sozialisten.

Frage: Hat sich der Grünen-Spitzenmann Jürgen Trittin mit der geplanten Vermögensabgabe und Steuererhöhungen den Wahlerfolg verscherzt? Die Befragung der Mitglieder zeigt, dass ihm die eigenen Leute nicht folgen…

DÖRING: Es ist schon ziemlich grotesk, in Zeiten von Rekord-Steuereinnahmen auf Steuererhöhungen zu setzen. Und wenn Jürgen Trittin schon jetzt die Pläne für eine Vermögensabgabe vernebelt, dann rate ich allen, einen Blick ins Wahlprogramm zu werfen. Trittin will in die Taschen jener greifen, die in Deutschland investieren, Arbeitsplätze und Wohnraum schaffen und für das Alter sparen. Das ist ein ganz massiver Angriff auf die Leistungsgerechtigkeit. Mich wundert nicht, dass die Mitglieder ihm dabei nicht folgen. Die Grünen wie auch die SPD machen Vorschläge, die ein Schlag ins Gesicht für all jene sind, die ihr Geld nicht in die Schweiz gebracht, an der Börse verzockt oder einfach verjuxt haben.

Frage: In der nächsten Woche kommt US-Präsident Brack Obama nach Berlin. Viele Deutsche sind von ihm enttäuscht. Sie auch?

DÖRING: Ich habe seinen ersten Wahlkampf in den USA beobachtet. Er hat eine große Euphorie über sein Land hinaus entfacht. Die glühende Anhängerschaft mancher Deutscher habe ich jedoch nie ganz verstanden, denn Obama hat manches erreicht, aber eben auch mit Problemen zu kämpfen. Ich freue mich, dass er jetzt kommt und endlich auch vor dem Brandenburger Tor spricht - ein großes Signal.

Frage: US-Geheimdienste spähen weltweit das Internet aus - und treffen auch Deutsche damit. Belastet das den Besuch des US-Präsidenten?

DÖRING: Zunächst einmal ist Aufklärung gefordert. Ich kann jeden verstehen, der in Deutschland misstrauisch ist und dagegen protestiert, dass seine Telefonate und E-Mails in die USA ausgespäht werden. Der Präsident muss zur Kenntnis nehmen, dass Datenschutz in Deutschland einen hohen Wert hat. Dies muss die Kanzlerin in aller Freundschaft klarstellen.

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