FDPFremde Federn

Die FDP könnte sich neu etablieren

ZeitungsstapelMatthias Geis beschäftigt sich in der "Zeit" mit den Chancen der FDP
19.02.2015

„Unsere Neuaufstellung, die wir auf dem Dreikönigstreffen präsentiert haben, stand in Hamburg das erste Mal zur Wahl – und sie ist bestätigt worden.“ So kommentierte FDP-Chef Christian Lindner das Wahlergebnis der Freidemokraten vom Sonntag. Er weiß aber auch, dass die FDP noch nicht über den Berg ist. Matthias Geis lobt in der „Zeit“, dass die FDP zunächst ihre politischen Vorstellungen skizzieren und auf dem Teppich bleiben will. Er glaubt, dass aus dem Hamburger Erfolg „doch mehr werden könnte als ein Zwischenhoch.“ Wenn sie sich als seriöse, wirtschaftsliberale, proeuropäische Partei etabliert.

Der Journalist nimmt den „ersten schönen Wahlabend seit Langem“ als „starkes Indiz für eine andere FDP“ wahr: „Als die Partei im September 2013 von den Wählern aus dem Zentrum des politischen Systems katapultiert wurde, lag die Versuchung nah, sie als radikale Opposition neu zu formieren. Die Themen für eine bürgerliche Protestpartei drängten sich geradezu auf: Einwanderung, Islam, Euro-Krise. Hätte sich die FDP in diese Richtung bewegt, wäre sie in den gefährlichen Wettbewerb eingetreten, der ihr nach dem Bundestags-Aus vielfach prognostiziert worden war: den Kampf mit der AfD. Doch bei keinem der aktuellen Themen mit Frust- und Wutpotenzial hat sich die FDP seither auf die schiefe Ebene begeben.“

Genau das Gegenteil der AfD

Christian Lindner hat das am Tag nach der Wahl auch ausdrücklich betont: „Wir haben einen Erfolg erzielt, indem wir in allen Fragen fundamental anders sind als die AfD. Wir sind genau das Gegenteil der AfD." Der Wahlausgang in der Hansestadt bestärke die Freien Demokraten, diesen Weg weiterzugehen.

Die FDP habe seit ihrer Niederlage 2013 allen opportunistischen Versuchungen widerstanden und sei nicht den "Euro-Hassern" hinterhergeeilt. Lindner sagte, die FDP mache nicht mit Angst Politik, sondern appelliere an den Mut der Menschen. Auch stelle sie "keine völkischen Ideale ins Schaufenster" und habe eine europäisch-weltoffene Gesinnung. "Wir orientieren uns nicht an Wählerwanderungsbilanzen, was unsere Inhalte angeht."

FDP präsentiert sich als seriöse Alternative

Das wiederum findet die Anerkennung des „Zeit“-Journalisten. Er schreibt: „Statt sich mit der AfD auf einen systemoppositionellen Wettbewerb einzulassen, markierte die FDP mit ihrer überraschenden Resistenz gegen populistische Anwandlungen den Unterschied. Gerade im Kontrast zur AfD, deren liberale Fassade den Ressentiment-geladenen Kern bestenfalls notdürftig verdeckt, präsentiert sich die FDP skeptischen bürgerlichen Wählern als seriöse Alternative. So ist aus der Konkurrenz mit der AfD für die Liberalen keine Bedrohung, sondern ein Vorteil erwachsen.“

Er konstatiert zudem, die Partei wirke "ausgerechnet mit ihrer klassischen wirtschaftsliberalen Haltung plötzlich wieder seltsam en vogue". Die FDP profitiere von der Sozialdemokratisierung der Union auf ökonomischem Terrain: "Die FDP ist derzeit die einzige Partei, die dem wachsenden Unbehagen Ausdruck verleiht, der deutsche Boom zehre nur noch von der Substanz früherer Reformen."

Als Stimme wirtschaftlicher Vernunft auftreten

Die ohnmächtige Kritik, die der Wirtschaftsflügel der Union an milliardenschweren Projekten wie Mütterrente und Rente mit 63 oder am Mindestlohn übe, markiere zugleich die liberale Lücke. Geis’ Empfehlung lautet: „Um sie zu füllen, muss sich die FDP nicht neu erfinden, sie muss nur - weniger plakativ und PR-orientiert als in früheren Zeiten - als Stimme wirtschaftlicher Vernunft auftreten, ohne dabei mit sozialer Härte zu kokettieren. Beides ist der Lindner-FDP gelungen.“

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