04.05.2013FDP-FraktionArbeitsmarkt

BRÜDERLE-Interview für die "Nürnberger Nachrichten"

BERLIN. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Rainer BRÜDERLE gab den "Nürnberger Nachrichten" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Harald Baumer: Frage: Wieso unternimmt jetzt ausgerechnet die FDP noch einen Mindestlohn-Vorstoß? Das hat Sie doch bisher immer von allen Mitbewerbern unterschieden. BRÜDERLE: Wir unterscheiden uns deutlich von den vereinigten linken Parteien Deutschlands, denn wir sind gegen einen gesetzlichen, einheitlichen Mindestlohn, der Arbeitsplätze gefährdet. Wir wollen die Tarifautonomie erhalten, weil Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter am besten wissen, welche Löhne angemessen sind. Wo es dafür aber keine Strukturen gibt, sind wir dafür, dass eine unabhängige Kommission das macht, Branche für Branche und regional differenziert. Frage: Nun wird wieder mit der Schweiz über Nachbesserungen beim Steuerabkommen verhandelt. Sie sagten doch immer, das gehe nicht mehr… BRÜDERLE: Ich begrüße es sehr, dass die Schweiz nach der Blockade der rot-rot-grünen Regierungen im Bundesrat noch einmal mit dem Bundesfinanzminister verhandeln will. Ein Steuerabkommen ist viel besser, als der fragwürdige Ankauf von Steuer-CDs, bei denen man nur einzelne Steuerbetrüger erwischt. Mit einem Abkommen ist Steuerflucht nicht mehr möglich. Das ist die viel gerechtere Lösung. Frage: Vor vier Jahren kam Ihre Partei gestärkt aus der Opposition und erreichte bei der Wahl über 14 Prozent. Heute trifft das alles auf die Grünen zu. Haben die inzwischen die Rolle der FDP übernommen? BRÜDERLE: Die Grünen können nicht unsere Rolle übernehmen, weil für sie Freiheit nicht zählt. Als Oppositionspartei ist es immer einfacher. Aber wenn man regiert, dann reicht es nicht, nur zu kritisieren. Dann muss man das Richtige tun. Es waren vier gute Jahre für Deutschland. Dass wir dies fortsetzen wollen, werden wir auf dem Parteitag deutlich machen, auf dem es um Haushaltskonsolidierung und die Entlastung der Bürger geht, während die Grünen eine Orgie von teuererhöhungen beschlossen haben. Die jüngste Entwicklung hat einen klaren Vorteil für die Wählerinnen und Wähler, denn jetzt sind die Fronten zwischen den Parteien geklärt. Frage: Dafür, dass Ihre Partei von sich behauptet, die einzige Alternative zu sein, sind Ihre Umfrageergebnisse eher mau… BRÜDERLE: Umfragen sind so eine Sache. In allen drei letzten Landtagswahlen war es die gleiche Situation: Keine guten Umfrageergebnisse, aber sehr gute Wahlergebnisse. In Niedersachsen von zwei auf zehn Prozent. Es ist immer schöner, wenn die Umfrageergebnisse hoch sind. Das Bekennertum bei FDP-Wählern ist vielleicht etwas schwächer ausgeprägt. Frage: Lohnt es sich überhaupt, mit Frau Merkel eine politische Partnerschaft einzugehen? Die SPD hat dabei über zehn Prozent verloren, die FDP zeitweise noch mehr. BRÜDERLE: Ich stelle mich nicht an die Klagemauer des Koalitionspartners. Es ist schon unsere eigene Aufgabe, unsere Erfolge deutlich zu machen. Das müssen wir aus eigener Kraft schaffen. Und da gab es in der Vergangenheit sicher auch eigene Fehler. Frage: Apropos Personal. Mir ist nicht klar, wodurch sich eigentlich der Spitzenkandidat der FDP - also Sie - und der Parteivorsitzende - Herr Rösler - im Wahlkampf unterscheiden. BRÜDERLE: Der Spitzenkandidat soll Exponent für die Politik der Partei sein, der Parteivorsitzende, in unserem Falle zugleich Vizekanzler und Wirtschaftsminister, ist da in einer anderen Rolle. Er ist viel stärker in die Kabinettsordnung eingebunden. Im Fußball würde man sagen: Meine Position ist die Sturmspitze. Ich bin für das Tore-schießen zuständig. Der Bundesvorsitzende ist der Kapitän mit der Binde, der die Vorlagen liefert. Frage: Sie waren mal Minister in einer rot-gelben Koalition in Rheinland-Pfalz. Gibt´s denn keinen Weg zu einer Zusammenarbeit auf Bundesebene? BRÜDERLE: Derzeit sehe ich keine Übereinstimmungen mit dieser linken Bundes-SPD. Es wird einen glasklaren Lagerwahlkampf geben. Schwarz-Gelb gegen Rot-Rot-Grün. Grundsätzlich gilt: Ich war nie ein Bindestrich-Liberaler. Insofern musste ich meine Positionen weder in der Zusammenarbeit mit der SPD noch mit der Union ändern. Nur die Kompromisse, die ich eingehen musste, sind andere. Frage: Aber Kurt Beck und Peer Steinbrück liegen Ihnen doch? BRÜDERLE: Kurt Beck war immer ein bodenständiger Politiker. Wir haben ein gutes Verhältnis zueinander. Peer Steinbrück kenne ich noch aus seiner Zeit als Minister in Schleswig-Holstein. Ich konnte viele seiner früheren Positionen mittragen. Aber er hat sich inzwischen in linke Hände begeben. Man merkt ihm an, dass er wenig authentisch ist. Wie soll er denn jemals von seinen drastischen Steuererhöhungsplänen herunter kommen? Frage: Fürchten Sie, dass Ihnen die Freien Wähler oder die neue Alternative für Deutschland bei der Bundestagswahl entscheidende Prozentpunkte für Schwarz-Gelb rauben? BRÜDERLE: Die Freien Wähler sind im Süden der Republik möglicherweise ein Faktor, aber nicht bundesweit. Und die AfD steht als Ein-Thema-Partei in vielen wichtigen Fragen nicht wirklich auf der Tagesordnung. Das Anliegen vieler Menschen, die Sorge um die europäische Währung, ist in der Tat etwas, was die Bürger bewegt und was auch wir als FDP ernst nehmen. Den einfachen Weg zurück zur D-Mark gibt es nicht mehr. Der Euro wird Bestand haben - auch wenn die Zahl der Mitglieder, die den Euro hat, variieren kann. Frage: Der FDP-Bundesparteitag findet in Bayern statt, wo im Herbst ebenfalls gewählt wird. Wie schätzen Sie die Chancen Ihrer Parteifreunde ein? BRÜDERLE: Der Parteitag findet in Franken statt! (lacht) Die Wahlsysteme in Bayern und Bund sind so unterschiedlich, dass die Trennung wahrscheinlich ganz gut war. Außerdem hat Bayern schon immer etwas anders getickt. Da ist die Konzentration auf die Landtagswahlen gar nicht schlecht. Mit Martin Zeil haben die Parteifreunde einen guten Spitzenkandidaten. Ich kenne ihn aus dem Bundestag. Wenn er sich was in den Kopf setzt, dann ist er ganz schön hartnäckig. Das hat auch die an Alleinregierungen gewohnte CSU lernen müssen.

Bruederle_Interview_Nuernberger_Nachrichten.pdf

Social Media Button